Heyne Galaxy 14 by Ernsting Walter (Hrsg.)

Heyne Galaxy 14 by Ernsting Walter (Hrsg.)

Autor:Ernsting, Walter (Hrsg.) [Ernsting, Walter (Hrsg.)]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne SF
veröffentlicht: 2013-04-14T16:00:00+00:00


Selbstmord en gros

(ALL THE MYRIAD WAYS)

LARRY NIVEN

Die Zeitlinien verzweigten sich immer wieder und wieder, entfalteten sich zu einem Mega-Universum aus Universen, das in jeder Minute um weitere Millionen anwuchs. Oder um Milliarden oder gar Trillionen? Trimble war es bisher nicht gelungen, die grundlegende Theorie zu begreifen, obwohl er es weiß Gott intensiv versucht hatte. Das Universum spaltete sich jedesmal auf, wenn jemand eine Entscheidung traf – und zwar so, daß diese Entscheidung in beide Richtungen interpretiert wurde. Die Entscheidungen jedes Mannes, jeder Frau und jedes Kindes auf der Erde fanden ihre negative Entsprechung im Nachbaruniversum. Diese Vorstellung war schon für einen Wissenschaftler schwer begreiflich, von Polizeileutnant Gene Trimble ganz zu schweigen, der sich mit anderen Problemen herumschlagen mußte.

Es handelte sich um eine Serie sinnloser Selbstmorde, die sich über die ganze Stadt ausbreitete. Auch andere Städte waren davon betroffen, und Trimble hegte die Vermutung, daß man überall in der Welt entsprechende Vorfälle beobachtete, daß die anderen Nationen jedoch aus irgendwelchen Gründen den Mantel der Geheimhaltung darüber deckten.

Trimbles traurige Augen blickten auf die Uhr. Feierabend. Er erhob sich und machte Anstalten, seinen Schreibtisch aufzuräumen. Dann setzte er sich langsam wieder. Das verdammte Problem ließ ihn nicht los, obwohl er damit überhaupt nicht weiterkam.

Und wenn er jetzt nach Hause ging, mußte er morgen früh dort wieder anfangen, wo er jetzt aufhörte.

Sollte er gehen oder bleiben?

Und wieder war eine Entscheidung fällig. Gene dachte an die anderen parallellaufenden Universen und an die identischen Gene Trimbles in diesen Zeitlinien. Einige hatten ihren Dienst vorzeitig beendet, einige waren pünktlich gegangen und hatten den Heimweg jetzt schon halb hinter sich, oder sie fuhren ins Kino oder zu einer Einladung oder sahen sich eine Striptease-Show an oder rasten an einen neuen Tatort. Sie strömten aus den Polizeihauptquartieren in unzähligen Universen und ließen eine nicht minder große Zahl von Trimbles in anderen Universen im Büro zurück. Sie alle versuchten allein mit der endlosen Kette von Selbstmorden in der Stadt fertig zu werden.

Gene Trimble breitete die Morgenzeitung auf seinem Tisch aus und nahm die Putzausrüstung für seine Waffe aus der unteren Schreibtischschublade. Dann begann er seine 45er auseinanderzunehmen.

Die Pistole war alt, aber sehr zuverlässig. Er hatte sie bisher nur im Schießstand abgefeuert und rechnete auch nicht damit, daß er sie einmal im Ernstfall benutzen mußte. Für Trimble war das Waffenreinigen eine beruhigende Therapie. Es half ihm, seine Hände beschäftigt zu halten, während sich sein Gehirn selbständig machte. Die Schrauben aufdrehen und sorgfältig beiseite legen. Dann die Teile vorsichtig nebeneinanderlegen.

Durch die geschlossene Bürotür vernahm er die Schritte vorbeihastender Männer. Wieder ein Einsatz? Seine Abteilung wurde mit der Masse der Zwischenfälle nicht mehr fertig. Zu viele Selbstmorde, zu viele unverständliche Morde, zu wenige Männer.

Vorsichtig ölen und mit dem Lappen nachwischen. Kein Teil vergessen. Dann alles wieder zusammensetzen.

Warum sollte sich ein Mann wie Ambrose Hardesty aus dem Fenster stürzen?

Er lag im licht des frühen Morgens auf dem Bürgersteig, und was von ihm übrig war, ähnelte mehr einem Fleck als einem Körper. Seine Penthouse-Wohnung lag im sechsunddreißigsten Stock. Blut bedeckte den Bürgersteig. Die Flecken waren noch nicht getrocknet.



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