Heute schön, morgen tot: Der achte Fall für Marie Maas (German Edition) by Martina Bick
Autor:Martina Bick [Bick, Martina]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kommissarin, Frauenunterhaltung, Schleswig-Holstein, Regionalkrimi, Leiche, Hamburg, Mord, eBooks
ISBN: 9783955208424
Herausgeber: dotbooks Verlag
veröffentlicht: 2015-03-30T16:00:00+00:00
Kapitel 18
Inga hatte den unförmigen Sommermantel abgestreift und zusammengerollt in ihren Rücken geschoben. So ließ es sich etwas besser hocken auf der harten Pritsche in der Vorderkajüte, durch deren Luke sie ins Boot hatte krabbeln können. Auf der Zunge hatte sie noch immer den Geschmack des Lippenstiftes, obwohl sie es vermied, ihre Lippen zu lecken oder allzu fest aufeinander zu pressen. Es war genau dieser Geschmack, dieser Geruch, den sie eigentlich an Kosmetika nicht leiden konnte. Er erinnerte sie an ihre Kindheit. Nach Lippenstift und Schminke hatte es gerochen, wenn ihre Mutter ihr mit ihrem Taschentuch den Mund abgewischt oder mit ein bisschen Spucke einen Fleck aus dem Gesicht gerieben hatte. In den Taschentüchern ihrer Mutter waren immer Kosmetikspuren gewesen. Vergangenheit. Aber gerade die wollte sie ja wachrufen, wollte sie ganz und gar wieder präsent haben. Wie erschuf man sich Erinnerung? Wie bildete man seine Vergangenheit? Man grübelte und dachte nach, man suchte einzelne Episoden auf, die sich verstreut im Bewusstsein gehalten hatten, man stellte sie sich wieder und wieder vor, malte sie aus, fühlte sie nach. Man versuchte, von da aus an andere Erinnerungen anzudocken, eine Spur zu finden, einen Weg in die versunkenen Welten. Warum? Um sie wieder aufzufinden und endgültig auszulöschen. Damit die Geister der Vergangenheit Ruhe finden konnten. So lehrte es die Psychoanalyse.
Mit den Psychologen aber hatte Inga kein Glück gehabt. Mehrere Jahre hatte sie damit vertan, ihren Kindheitstraumata bei einem Analytiker auf die Spur zu kommen. Vergebens. Nur immer tiefer hatte es sie hineingerissen in Depressionen, Ängste und Verzweiflung. Irgendwann kam für jeden der Punkt, da musste man sich entscheiden: ob man sein Leben in die Hand nehmen, sich befreien wollte aus den Zwängen der Vergangenheit oder ob man abhängig und unfrei bleiben und mit ihr untergehen wollte. Das hatte Inga schließlich begriffen, allerdings nicht bei ihrem Analytiker, auch nicht bei dieser Gestalttherapeutin, die ihr aufschwatzen wollte, ihre Mutter wäre an allem schuld. Nein, bei einem Kirchenbesuch im tiefsten Bayern. Nach einer Messe, die sie aus Langeweile und Neugier besucht hatte, war sie mit einer Nonne ins Gespräch gekommen. Die fromme Frau hatte auf ihre Frage – die Frage, die diesen Leuten immer gestellt wurde –, warum sie denn ins Kloster gegangen sei, geantwortet: »Weil Gott mich gerufen hat.« Sicher, das sagten sie immer, die Nonnen. Aber sie hatte hinzugefügt: »Nicht dass er mich gezwungen hätte, er hat mir schon die freie Wahl gelassen. Wir haben immer die Wahl, jeder in seinem Leben. Das ist Gottes Liebe. Aber ich habe dennoch seinen Ruf gehört und bin ihm schließlich gefolgt.«
Dass das Gottes Liebe war, glaubte Inga trotzdem nicht. Aber dass sie die Wahl hatte, aus ihrem Leben etwas zu machen und trotz alledem glücklich zu sein, das spürte sie seither ganz deutlich. Sie war nicht verdammt dazu, die Schuld ihrer Väter, die Schuld der Vergangenheit abzutragen. Zwar konnte sie sich dafür entscheiden – sie hatte sich schon lange entschieden –, aber deshalb hatte doch niemand das Recht, es von ihr zu verlangen. So wenig, wie jemand sie deswegen verachten konnte.
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