Herrengasse by Götschi Silvia
Autor:Götschi, Silvia [Götschi, Silvia]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783863588878
Herausgeber: Emons
veröffentlicht: 2016-02-02T16:00:00+00:00
ELF
Wie immer war die Einsatzzentrale auf der Kantonspolizei Schwyz mit drei Mann besetzt. Die Nacht war ruhig. Bis jetzt hatte die Patrouille ein einziges Mal ausrücken müssen, aufgrund einer Schlägerei in der Mything-Bar. Daniel Christen sass vor den Monitoren der Kameraüberwachungen. Drei verschiedene Strassenabschnitte und der Mositunnel an der Axenstrasse zeigten ein geringes Verkehrsaufkommen. Christen hielt sich mit Kaffee wach, während seine Kollegen Villiger und Reichlin hinter ihm in ein angeregtes Gespräch über die Champions League vertieft waren.
Um ein Uhr achtundvierzig klingelte das Telefon. «Kantonspolizei Schwyz, Daniel Christen.»
«Ist hier die Polizei?»
Christen musste sich anstrengen, um die eingeschüchtert klingende Frau zu verstehen.
«Sie sind mit dem Notruf der Schwyzer Kantonspolizei verbunden. Was kann ich für Sie tun?»
«Ich glaube … mein Mann … ist …» Die Stimme stockte. «Man hat ihn … umgebracht …»
«Wie ist Ihr Name, und von wo aus rufen Sie an?» Vergeblich suchte Christen auf der Station nach Namen und Adresse der eingehenden Nummer. Die Frau rief von ihrem Mobiltelefon aus an.
«Bitte … kommen Sie sofort. Ich … weiss nicht, was ich … machen soll.»
«Sie müssen mir sagen, wo Sie sind.» Christen wurde ungeduldig. Er deckte die Muschel mit der Hand zu und wandte sich an seine Kollegen hinter ihm. «Könnt ihr mal den Standort ausfindig machen? Die Anruferin will mir nicht sagen, wo sie sich aufhält. Hier ist die Nummer.» Christen hatte sie schnell auf einen Notizblock notiert.
«Hallo?», tönte es zögerlich aus dem Telefon.
«Ja, ich höre Sie. Sie müssen mir sagen, wo Sie sich befinden.»
«Zu Hause … im Schlafzimmer. Mein Mann … es ist so schrecklich …»
«Jetzt beruhigen Sie sich. Wir werden gleich eine Patrouille zu Ihnen schicken. Aber geben Sie mir bitte Ihre Adresse an!» Christen wandte sich erneut an seine Kollegen. «Habt ihr schon etwas?»
«Grossraum Schwyz», kam es zurück.
«Kannst du’s nicht eingrenzen?»
«Ganz in unserer Nähe», sagte Reichlin.
«Teilen Sie mir Ihren Namen mit.» Christens Stimme hatte an Resonanz zugelegt.
«Betschart, Frau Betschart …»
«Betschart», wiederholte Christen an Reichlin gewandt. «Sie heisst Betschart.»
«Ja toll, über hundertfünfzig Einträge allein in Schwyz. Geht’s nicht genauer?»
«Frau Betschart!» Christen versuchte es aufs Neue. «Wo wohnen Sie? Und wie heisst Ihr Mann?»
«An der St. Martinsstrasse, mein Mann ist tot …»
«Wir werden gleich jemanden vorbeischicken. Bleiben Sie bitte im Haus, bis wir vor Ort sind.» Dann vernahm er nur noch das Freizeichen. Er drehte sich zu Reichlin um. «Weisst du, wo die uniformierte Patrouille sich gerade aufhält?»
Reichlin checkte deren Standort auf seiner Station. «Auf dem Hauptplatz. Soll ich sie mobilisieren?»
«Ja bitte, schick sie in die St. Martinsstrasse …» Er nannte die Nummer.
«In die St. Martinsstrasse? Wohnt dort nicht Regierungsrat Betschart?»
Christen quittierte dies mit einem «Huere Siech!».
* * *
Das Bett hatte amerikanische Dimensionen. Zwei übereinandergelegte Matratzen und Volants, mindestens vier Kissen und zwei schwere Duvets lagen unter einem Baldachin mit Blumenmuster und mittendrin eine nackte männliche Leiche. Überall waren Blut, Urin und Kot.
Die Techniker hatten sich im Zimmer verteilt, nachdem sie die ersten Spuren gesichert hatten. Dr. Stieffel untersuchte den Leichnam. Valérie stand konsterniert im Raum. Sie war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Erst noch hatte sie Martin Betschart beobachtet, wie er mit den drei Frauen des Begleitservices hinter den Vorhang ging.
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