Hermann Hesse : Sein Leben Und Sein Werk by Hugo Ball

Hermann Hesse : Sein Leben Und Sein Werk by Hugo Ball

Autor:Hugo Ball [Ball, Hugo]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783518068854
Amazon: 3518368850
Herausgeber: Suhrkamp
veröffentlicht: 1978-12-14T23:00:00+00:00


Man könnte statt Chopin auch Hesse sagen. Es ist dieselbe Sehnsucht nach Festen und Dolchen; dieselbe Trauer, über dunkle, beglänzte Wasser gebeugt. Es ist dasselbe Sichverschuldetfühlen und Hinwegverlangen, bevor noch die Tat geschehen. Es ist die Erbsündenmusik aus dem polnischen Adelslande. Und da ist sie wieder, Hesses erschrockene Mondwelt, von Küssen und Tränen durchweht, mitten im Philisterland. Da ist er wieder, der großäugige Traum, und das Suchen beginnt, zurück zum Anfang und zur Herkunft, bis zu jenem Punkte, mit dem alles Leid und Lied begonnen hat. Und dem Dichter steigt die Frage auf: »Bist du eigentlich glücklich?« Und er sucht nach seinem »frohesten Tag«. Er wandert über Gletscher, wandert auf einer blühenden Odenwaldstraße mit einem Gesellen, der Knulp heißen könnte. Er ist eine Morgenstunde lang auf der Schwäbischen Alb, er kommt immer näher nach Hause. Er kommt zu dem Tag, »da ein Bote kam und grüßte und Geld heischte und die Botschaft daließ, daß fern in der Heimat meine Mutter gestorben war«.

Eine andere dieser Skizzen, aus dem Jahre 1907, aus demselben Jahre, da der Dichter sich ein eigenes Haus baute, spricht eigentlich nur von der Lust des Wanderns. »Lindenblüte« ist diese Skizze betitelt: »O ihr Wanderburschen, ihr fröhlichen Leichtfüße«, so klingt da die Sehnsucht des Knulp-Dichters an, »jedem von euch, auch wenn ich ihm einen Fünfer geschenkt habe, sehe ich wie einem König nach, mit Hochachtung, Bewunderung und Neid. Jeder von Euch, auch der Verlottertste, hat eine unsichtbare Krone auf; jeder von euch ist ein Glücklicher und Eroberer. Auch ich bin euresgleichen gewesen und weiß, wie Wanderschaft und Fremde schmeckt. Sie schmeckt, trotz Heimweh und Mangel und Unsicherheit, gar süß... Nicht daß ich alt oder ein Philister geworden wäre! Ach, ich bin vielleicht törichter und zügelloser als je, und zwischen mir und den klugen Leuten und ihren Geschäften ist noch immer kein Verständnis und kein Bündnis aufgekommen. Ich höre auch immer noch wie in den drängendsten Jünglingszeiten (er ist jetzt dreißig Jahre alt), die Stimme des Lebens in mir rufen und mahnen, und ich habe nicht im Sinn, ihr ungetreu zu werden.« Nein, diese Stimme, sie ist »leise und dringlich geworden« und führt den Dichter »immer einsamere, dunklere, stillere Wege, von denen ich noch nicht weiß, ob sie in Lust oder in Leid enden sollen, die ich aber gehen will und gehen muß«.



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