Herbststurm by Max Kretzer

Herbststurm by Max Kretzer

Autor:Max Kretzer [Kretzer, Max]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-04-14T00:00:00+00:00


VII.

Die drei wurden unzertrennlich. Man sah sie in der Oper, im Theater, im Zirkus, auf Wohltätigkeitsfesten, — überall, wo Genuss und Zerstreuung lockten. Natürlich, soweit der Dienst Walters es gestattete; aber er machte sich jetzt nicht viel daraus, trotz der drohenden Folgen. Mutig bummelte er in Zivil umher, sobald ihm die Luft nur irgend rein erschien; denn ein Tag, der ihn nicht in Ritas Nähe gesehen hätte, wäre ihm als ein verlorener erschienen. Er suchte jetzt förmlich etwas darin, in die Kreise des Bruders zu kommen, vor denen er früher solche grosse Scheu gehabt hatte. Und Werner tat ihm den Gefallen und ührte ihn ein, wo es ging und wo man nach Ritas Ansicht sich nicht zu sehr mopste. Denn in diesen Dingen war sie ausschlaggebend, was die Brüder auch ganz natürlich fanden. Ohne sie gab es eben kein Vergnügen.

Bald wurde ihr Zusammensein sprichwörtlich. Wenn Rita irgendwo auftauchte, so wusste man, das „die beiden W.s“ sicher ebenfalls in die Erscheinung treten würden, was dann Scherzbolden zu allerlei Bemerkungen Veranlassung gab, wie: „Gnädiges Fräulein, spüren Sie noch nichts? Das Weh-Weh kommt.“ Oder: „Nehmen Sie sich in acht. Sie werden doppeltes Weh empfangen.“

Rita nahm alles wohlgefällig auf und lachte, gewissermassen von Stolz erfüllt, mit diesem Siegesgespann prahlen zu dürfen. Denn die tiefgärende Neigung des Jüngeren, die manchmal etwas Unheimliches für sie hatte, konnte ihr nicht entgehn. Weil er nichts sagen durfte, so sprachen seine Augen, und wenn er harmlose Bemerkungen machte, so erriet sie daraus, was allein für sie bestimmt war. Und was an dem Bilde noch fehlte, vollendete er durch allerlei Aufmerksamkeiten, die ihrer Meinung nach eigentlich dem Älteren zugekommen wären, gegen die aber dieser durchaus nichts einzuwenden hatte. Walter sandte Billets, bestellte den Wagen, schickte teure Winterrosen ins Haus und war stets mit einer Anfrage bereit, sobald Wünsche Ritas laut wurden, deren Erfüllung nach guter Sitte erlaubt waren. Manchmal erschien ihr das alles zu aufdringlich, trotzdem er sich bei all diesen Dingen hinter dem Bruder versteckte und es gewissermassen in dessen Namen tat

Und Werner fasste das auch von der heitren Seite auf, indem er einfach zu ihr sagte: „Er entwickelt sich eben. Früher hätte er an so etwas gar nicht gedacht. Es wächst der Mensch mit seinen höheren Zielen.“

Im übrigen waren das für ihn Ausgaben, die in der Familie blieben, denn was Walter opferte, brauchte er nicht zu bezahlen! Wenn der Jungere ihm nicht von der Seite wich, so konnte er auch dreist für diesen Spass aufkommen! Bauend auf die unwandelbare Treue des Bruders, dachte er keinen Augenblick daran, dass tiefere Gründe den andern dazu leiten könnten. Und es wäre ihm wie eine Selbstbeleidigung erschienen, wenn er eine Nebenbuhlerschaft des Kleinen ernstlich hätte in Frage ziehen wollen. Was für ein Wagemut Walters wäre es gewesen, gegen ihn, den alten, fast väterlichen Beherrscher dieses grossen Knaben in einen Liebes-Wettstreit zu treten! Und wenn er wirklich nur schwärmte, so sollte ihm das vergeben sein nach allen Regeln der Harmlosigkeit; schon um der Geliebten willen, die stets behauptete, Walter habe manchmal etwas Drolliges, über das man sich entschieden amüsieren könne.



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