Helgason Hallgrimur by Eine Frau bei 1000 Grad

Helgason Hallgrimur by Eine Frau bei 1000 Grad

Autor:Eine Frau bei 1000 Grad
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-11-21T23:00:00+00:00


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Skothúsvegur 13

2009

Meine Irrfahrten begannen, als ich nach der Entlassung aus der grässlichen Seniorenwelt ins Leben zurückkehrte und dort plötzlich ohne Wohnung dastand. Sie hatten mir, wie gesagt, den Liebesdienst erwiesen, mir das Stammschloss der Familie unter dem Hintern weg zu verkaufen. Niemand hatte mehr mit etwas anderem als meinem Ableben gerechnet, und deswegen hatten sie sich beeilt, das Haus im Skothúsvegur sofort zu verkaufen. Sie hatten sogar versucht, es einem stinkenden und ungewaschenen norwegischen »Kunstmaler« für seine berühmten Selbstporträts mit Dauererektion zu überlassen, um diese im Wohnzimmer meiner geliebten Eltern zu verfertigen!

Dieses historische Debakel konnte ich gerade noch verhindern. Stattdessen zog ein hübscher, aber vor allem im Geiste magerer Bankmanager dort ein, der mit seinem gutbetuchten Radiergummi die gesamte Geschichte und Aura des Hauses ausradierte und seitdem auf den Seiten einer Hochglanzillustrierten als ewiger Junggeselle am Fenster saß: ein reicher Knopf an einem leeren Tisch, umstellt von leeren Wänden.

Ich musste mein eigenes Haus anhand des schönen Goldregens identifizieren, der noch mit hängenden Blättern vor dem Fenster stand und zeitweilig die einzige Einnahmequelle des Goldfingers aus der Bank darstellte, denn, wie man hörte, legte er einen geradezu bilderbuchmäßigen Bankrott hin. Sein Reichtum bestand aus lauter Luftschlössern, und die Bank musste schließlich das eigentliche Schloss als Sicherheit in ihren Besitz übernehmen; seitdem lässt sie es leerstehen, damit, wie es heißt, »der Markt nicht ins Rutschen kommt«. Tja, es gibt viele Gesetze im Leben. Manche Häuser müssen leerstehen, damit andere nicht zusammenbrechen. Jetzt wohnt also die Bank in meinen Räumen, während ich in einer Garage irgendwo in der Stadt hause und ihr meine besten Grüße schicke.

Natürlich waren es meine Schwiegertöchter, die den Verkauf eingefädelt hatten. »Wo deine Mutter nun endlich im Altersheim gelandet ist, werden wir das Haus doch nicht einfach leerstehen lassen.« Das bekam ich natürlich nicht persönlich zu hören. Das Haus wurde selbstverständlich für eine Rekordsumme verkauft. Bei der Lage! Aus dem Wohnzimmerfenster blickte man über den Stadtweiher und auf das Haus der Thors, der Staatspräsident residierte in Rufweite in dem Haus in der Sóleyjargata, in dem mein Vater aufgewachsen ist, nicht zu reden von den Tankstellenkönigen auf der anderen Straßenseite mit ihrer riesigen Versaille-Garage.

Na ja, was soll’s? Wo war ich stehengeblieben?

Ja, in meinem friesischen Frühling, einem, wie der Name schon andeutet, recht frischen Phänomen. Ich erholte mich von Nervenzusammenbruch Nr. 2, und Heike und ich schlossen Frieden. Während der Ferien hielten wir uns ganze Tage lang am Strand auf. Wir sammelten die Schafwolle, die an den Weidezäunen hängen geblieben war und verhökerten sie an eine alte Frau, die sie verspann … – nein, jetzt verwirrt sich mein eigenes Garn zu einem wirren Knäuel. Ich habe vom Verkauf des Hauses im Skothúsvegur erzählt. 127 Millionen Kronen haben sie dafür bekommen. Nicht mehr und nicht weniger. Das Geld teilten sie unter sich auf, als wären sie Herzöge in einem englischen Königsdrama. Weil sich aber 120 glatter durch drei teilen lässt, entschieden sie in ihrer Großzügigkeit, dass der Rest für die Alte bestimmt sein sollte, ganze sieben Millionen, die sie für den Fall



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