Heidi kann brauchen, was es gelernt hat by Johanna Spyri

Heidi kann brauchen, was es gelernt hat by Johanna Spyri

Autor:Johanna Spyri [Spyri, Johanna]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Orphans -- Fiction, Grandfathers -- Fiction, Mountain life -- Switzerland -- Fiction, Switzerland -- History -- 19th century -- Fiction
veröffentlicht: 2005-01-31T16:00:00+00:00


»Oh, das schmeckt so gut, Großmama, besser als die ganze Tafel in

Ragaz«, versicherte Klara und biß mit großem Appetit in die gewürzige

Speise hinein.

»Nur zu! Nur zu!« sagte der Almöhi wohlgefällig. »Das ist unser

Bergwind, der hilft nach, wo die Küche zurückbleibt.«

So nahm das fröhliche Mahl seinen Verlauf. Die Großmama und der Almöhi verstanden sich ausnehmend wohl, und ihr Gespräch war immer lebhafter geworden. Sie stimmten in allerhand Meinungen über Menschen und Dinge und den Verlauf der Welt so gut überein, daß es war, als hätten die beiden schon jahrelang in einem freundschaftlichen Verkehr gestanden. So ging eine gute Zeit dahin, und auf einmal schaute die Großmama gegen Abend hin und sagte:

»Wir müssen uns bald rüsten, Klärchen, die Sonne ist schon weit vorgerückt; die Leute müssen bald wiederkommen mit Pferd und Sessel.«

Aber auf das eben noch so fröhliche Gesicht der Klara kam ein ganz trauriger Ausdruck, und sie bat eindringlich: »Oh, nur noch eine Stunde, Großmama, oder zwei! Wir haben ja die Hütte noch gar nicht gesehen und Heidis Bett und die ganze Einrichtung. Oh, wenn der Tag nur noch zehn Stunden hätte!«

»Das ist nun nicht gut möglich«, meinte die Großmama, aber die Hütte wollte sie auch gern noch ansehen. Man brach also gleich vom Tische auf, und der Öhi lenkte den Stuhl mit fester Hand der Türe zu. Aber hier ging es nicht weiter, der Stuhl war viel zu breit, um durch die Öffnung eingehen zu können. Der Öhi besann sich nicht lange. Er hob Klara heraus und trug sie auf seinem sicheren Arm in die Hütte hinein.

Hier lief die Großmama hin und her und besah sich genau die ganze Einrichtung und hatte ihren großen Spaß an der ganzen Häuslichkeit, die so hübsch aufgeräumt und wohlgeordnet aussah. »Das ist ja wohl dein Bett dort auf der Höhe, Heidi, nicht wahr?« fragte sie jetzt und stieg gleich unerschrocken das Leiterchen hinauf zum Heuboden. »Oh, wie das hübsch duftet, das muß ein gesundes Schlafgemach sein!« Und die Großmama ging zu dem Loche hin und guckte durch, und schon stieg auch der Großvater mit der Klara auf dem Arm nach, und hinterdrein hüpfte das Heidi herauf.

Jetzt standen sie alle um Heidis schön aufgerüstetes Heubett herum, und ganz nachdenklich schaute die Großmama darauf hin und zog von Zeit zu Zeit in langen Atemzügen den würzigen Duft des frischen Heues mit Behagen ein. Klara war von Heidis Schlafstätte völlig hingerissen.

»O Heidi, wie lustig hast du's doch! Vom Bett aus siehst du gerade in den Himmel hinein und hast einen so schönen Geruch um dich und hörst die Tannen rauschen draußen. Oh, so lustig und kurzweilig hab ich noch gar kein Schlafzimmer gesehen!«

Der Öhi schaute jetzt zu der Großmama hinüber.

»Ich hätte so meine Gedanken«, sagte er, »wenn die Frau Großmama mir glauben wollte und ihr die Sache nicht widerstrebte. Ich meine, wenn wir das Töchterchen ein wenig hier oben behielten, so könnte es zu neuen Kräften kommen. Es sind da so allerhand Tücher und Decken mitgekommen, aus denen bereiten wir hier ein ganz apart weiches Bett, und um die Pflege des Töchterchens müßte die Frau Großmama keine Sorge haben, die übernehme ich.



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