Heißer Winter in Florida. Roman by Richard Barth

Autor:Richard Barth [Barth, Richard]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783105617670
Herausgeber: FISCHER Digital

Nach der Hühnersuppe gab es Frankfurter, dünne, perfekt geformte Würstchen aus einer fleischähnlichen Substanz, die eher gebleicht als gekocht aussah. Sie lagen in der Mitte des Tellers und hielten den Mais in Sahnesoße und das Apfelmus streng getrennt. Ein Teller mit Weißbrotschnitten wurde außerdem noch auf den Tisch gestellt.

»Hab ich’s nicht gesagt?« triumphierte Mrs. Kass und grub den Löffel in das Apfelmus. »Das Essen ist gut und gesund.«

»Haben Sie noch nie von Nudeln mit Muschelsoße gehört?« murmelte Sid und spießte das angebliche Fleisch auf. Seine Gabel rutschte ab, und das kleine Würstchen hüpfte halb vom Teller.

»Mr. Rossman!« Sid drehte sich um und erblickte hinter sich eine Frau in einer Küchenschürze. Das gefärbte rote Haar umrahmte ein Gesicht, in dem sich unzählige kosmetische Produkte wie Make-up, Lidschatten, Rouge, Puder, Mascara, Lid- und Lippenstift ein Stelldichein gaben. Die ausführende Hand hatte keineswegs zu dick aufgetragen, dennoch war das Ergebnis ziemlich verblüffend. »Ich bin Donna Slater«, sagte die Frau.

Sid nickte und schob sein Frankfurter Würstchen diskret wieder auf den Teller zurück.

»Ich bin die Diätköchin und stelle den Speisezettel für unsere Gäste zusammen. Da Sie neu sind, möchte ich Ihnen ein paar Fragen stellen.«

»Zum Beispiel?«

»Sind Sie gegen bestimmte Dinge allergisch, oder müssen Sie Diät essen? Für viele von unseren Gästen muß ich die Mahlzeiten gesondert zubereiten.«

Sid nahm eine Gabel voll Maisbrei. »Wie gut, daß Sie mich daran erinnern. Ich darf nichts Weiches essen.« Er sah sie mit todernster Miene an. »Es ist ein ganz ungewöhnliches Symptom. Hat etwas mit einer Infektion des Zahnfleischs zu tun.«

»Das ist kein Spiel, Mr. Rossman, ich muß meine Arbeit tun. Gibt es etwas, was Sie nicht essen dürfen?«

Er schüttelte den Kopf. »Aber es gibt ein paar Sachen, die ich nicht mag.« Er schaute bedeutsam auf seinen Teller hinunter.

»Nun, wir alle haben unsere kleinen Eigenheiten, Vorlieben und Abneigungen, nicht wahr. Ich freue mich, daß es mit Ihnen keine Probleme geben wird.« Sie notierte sich etwas in ihren kleinen Block. »Jetzt zu den Medikamenten. Wenn ich Mr. Forstman richtig verstanden habe, nehmen Sie zur Zeit nichts ein.«

»Das ist richtig, weder zur Zeit noch in Zukunft.«

»Nun, falls Sie einmal eine Schlaftablette oder ein leichtes Beruhigungsmittel brauchen – egal aus welchem Grund –, wir haben einen Vorrat davon in meinem Büro. Sie brauchen nur Franco oder Mr. Forstman darum zu bitten.«

»Leichte rezeptfreie Mittel, meinen Sie?«

»Ja, selbstverständlich. Aber auch wenn Sie einmal etwas Stärkeres brauchen sollten, finden wir bestimmt etwas.«

Na, aber klar doch, dachte Sid. Amobarbital, zum Beispiel, was immer das sein mag. »Muß man so was nicht vom Arzt verschrieben bekommen?« versuchte er sie ein bißchen mehr auszuhorchen.

»Ja, natürlich.« Sie lachte. »Wofür halten Sie uns denn, Mr. Rossman? Uns steht selbstverständlich jederzeit ein Arzt zur Verfügung, der die Medikation überwacht. Überlegen Sie es sich«, fügte sie hinzu, »falls Sie in der neuen Umgebung Schlafschwierigkeiten haben sollten.«

Sie machte kehrt und eilte vermutlich in ihre Küche zurück.

»Sie sollten sie nicht zuviel necken«, sagte Mrs. Kass. »Weil sie Ihnen das Leben nämlich recht schwer machen kann.«

Sid war überrascht. »Ich habe gedacht, Sie sind mit allem hier restlos zufrieden.

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