Hegel im verdrahteten Gehirn (German Edition) by Žižek Slavoj
Autor:Žižek, Slavoj [Žižek, Slavoj]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2020-07-29T00:00:00+00:00
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Eine literarische Phantasie: Das namenlose Subjekt der Singularität
Was wäre, um eine gewagte Hypothese zu riskieren, wenn die Singularität kein Eintauchen in einen kollektiven Raum ist (oder vielmehr sein wird), sondern ein extrem solipsistischer Zustand, in dem jedes Selbst (reduziert auf seine Selbstlosigkeit, nicht mehr als ein Selbst, das anderen im intersubjektiven Raum gegenübersteht) so funktioniert, wie Beckett es in Der Namenlose schildert? Wir lesen Beckett hier mit Jacques-Alain Miller, der in seinem Seminar von 2006 â2007 das Bemühen Lacans beschreibt, in seinen letzten Jahren die Konturen des Einen allein vor dem Anderen, einer Halluzination vor der symbolischen Realität, bedeutungsloser Fehltritte vor jeder signifikanten Artikulation zu umreiÃen. [126] Lacan stellt hier zwei Achsen gegenüber. Die eine ist die Achse des symbolischen Unbewussten, wo sich das Subjekt, in der Ãbertragung, auf einen Anderen bezieht, wo Symptome eine (vermeintliche) Bedeutung haben und als solche darauf warten, historisiert und in ein symbolisches Narrativ integriert zu werden. Die andere ist die Achse des realen Unbewussten, wo das Subjekt (oder vielmehr das subjektlose Selbst) ganz alleine ist:
Wer ist dieses Selbst â dieses Selbst, das weiÃ, dass es weder Schwanz noch Kopf hat, weder Bedeutung noch Interpretation? Wir haben hier ein Es, welches nicht, wie Lacan damit spielen konnte, das des Unbewussten ist, sondern ein Es, das ein Selbst ist. [127]
Der Dreh- und Angelpunkt ist, dass man hier den Einen-ganz-alleine betrachtet. Mindestens zwei Anspielungen Lacans weisen in die Richtung dieses Einen-ganz-alleine. Er sagt: »Es gibt da keine Freundschaft in jenem Raum, der dieses Unbewusste trägt.« Keine Freundschaft, die eine Stütze des Unbewussten sein könnte. [128]
»Freundschaft« steht hier für die Verbindung vom einen zum anderen, zwischen Subjekten, aber auch zwischen Signifikanten â die Signifizierung entsteht nur durch solche »Freundschaft«, wo ein Signifikant den anderen interpretiert. [129] Mit dem subjektlosen Selbst, das ganz alleine ist, gibt es auch Sprache, aber diese Sprache fungiert als vorsymbolische, erratische Halluzination, eine Halluzination ohne Gesetz: »Die Halluzination gehorcht nicht den Gesetzen der Sprache, weder denen des Zusammenhangs noch denen der Substitution, und sie scheint unabhängig vom intersubjektiven Spiel zu sein.« [130] Auch hier haben wir also auf der einen Seite das intersubjektive Spiel der Ãbertragung, durch das Symptome in ihrer Bedeutung entschlüsselt und damit historisiert, in die Lebensgeschichte des Subjekts integriert werden, und auf der anderen Seite
haben wir ein von der Sprache abgetrenntes Reales, ein Reales, das »nichts von der Sprache erwartet« und das »ganz alleine plappert« (cause tout seul) . Wir wissen diesem ganz-allein nun seinen Wert zu geben, der signalisiert, dass wir nicht in der Historie, in der Hysterie, im einen und anderen sind, sondern, ganz im Gegenteil, auf der Seite des Solitären. Lacan fügt sogar hinzu, dass das Reale als ein »Lärm, in dem man alles und jedes hören kann«, erscheint. [131]
Diese Differenz zwischen dem Sprechen als Symptom, das auf eine Bedeutung verweist, und dem Sprechen als »ganz alleine plappern«, das aus Sinthomen besteht, die nur jouissance [GenieÃen] verdichten, überschneidet sich nicht mit dem Gegensatz zwischen Hysterie und Psychose. Sie unterteilt den Raum der Psychose selbst in die Paranoia (bei
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