Haus Herzenstod · Eine Phantasie englischer Themen nach russischer Manier by George Bernard Shaw

Haus Herzenstod · Eine Phantasie englischer Themen nach russischer Manier by George Bernard Shaw

Autor:George Bernard Shaw [Shaw, George Bernard]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Suhrkamp Verlag 1971


Zweiter Akt

Derselbe Raum. Das Licht brennt, und die Vorhänge sind zugezogen. Ellie kommt herein, gefolgt von Mangan. Beide sind in Abendtoilette. Sie schlendert an den Zeichentisch. Er bleibt zwischen Tisch und Korbstuhl stehn.

MANGAN Was für ein Essen! Das ist kein Essen für mich, das ist ein Fraß.

ELLIE Ich bin daran gewöhnt, Mr. Mangan, und froh, wenn ich überhaupt was bekomme. Außerdem hat der Kapitän mir Makkaroni gekocht.

MANGAN schaudert: Zu schwer. Solche Sachen vertrag ich nicht. Wahrscheinlich, weil ich zuviel mit dem Kopf arbeiten muß. Das ist das Schlimmste, wenn man Unternehmer ist. Man sitzt immer nur da und denkt und denkt und denkt. Übrigens, wo wir jetzt allein sind, wollen wir nicht die Gelegenheit benutzen, uns ein bißchen zu verständigen?

ELLIE setzt sich an den Zeichentisch: Ja, gern.

MANGAN verwirrt: Ja? Das überrascht mich. Ich hatte heute nachmittag den Eindruck, als gingen Sie mir soviel wie möglich aus dem Wege. Und das nicht zum erstenmal.

ELLIE Ich war sehr müde und verstimmt. Ich konnte mich an dieses merkwürdige Haus nicht gewöhnen. Bitte, verzeihen Sie mir.

MANGAN Oh, schon gut, das macht ja nichts. Aber Kapitän Shotover hat mit mir über Sie gesprochen. Über Sie und mich, verstehen Sie.

ELLIE interessiert: Der Kapitän! Was hat er gesagt?

MANGAN Nun, unser Altersunterschied ist ihm aufgefallen.

ELLIE Ihm fällt alles auf.

MANGAN Sie finden also nichts dabei?

ELLIE Ich weiß natürlich ganz gut, daß unsre Verlobung —

MANGAN Oh! Sie nennen es eine Verlobung.

ELLIE Ist es etwa keine?

MANGAN Doch, doch, zweifellos. Wenn Sie daran festhalten. Es ist das erste Mal, daß Sie dieses Wort gebrauchen. Und ich wußte nicht so genau, wie wir miteinander stehn. Das ist alles. Er setzt sich in den Korbstuhl und wartet, daß sie weiterspricht. Sie sagten —?

ELLIE Sagte ich? Ich habs vergessen. Erzählen Sie mir was. Gefällt Ihnen die Gegend hier? Ich hörte, wie Sie Mr. Hushabye bei Tisch fragten, ob es hier nicht irgendwo ein nettes Haus zu mieten gibt.

MANGAN Ich mag die Gegend. Die Luft bekommt mir. Es würde mich nicht wundern, wenn ich mich hier niederließe.

ELLIE Nichts könnte mir angenehmer sein. Auch mir tut die Luft gut. Und ich wär in Hesiones Nähe.

MANGAN mit wachsendem Unbehagen: Die Luft paßt uns vielleicht. Aber es ist die Frage, ob wir zueinander passen? Haben Sie darüber nachgedacht?

ELLIE Mr. Mangan, wir müssen vernünftig sein. Es hat keinen Zweck, Romeo und Julia zu spielen. Aber wir können ganz gut miteinander auskommen, wenn wir dazu entschlossen sind. Ihr gütiges Herz wird mir dabei helfen.

MANGAN beugt sich vor, in seiner Stimme etwas von bewußter Widerlichkeit: Mein gütiges Herz? Ich hab Ihren Vater ruiniert, oder nicht?

ELLIE Aber nicht absichtlich.

MANGAN Doch. Ich hab ihn mit Absicht ruiniert.

ELLIE Mit Absicht!

MANGAN Nicht aus Bösartigkeit, natürlich. Und ich hab ihm sogar eine Stellung verschafft, als es mit ihm zu Ende war. Aber Geschäft ist Geschäft. Und ihn zu ruinieren, war für mich ein Geschäft.

ELLIE Ich verstehe kein Wort. Oder sagen Sie das nur, daß ich das Gefühl habe, als brauchte ich Ihnen nicht dankbar zu sein und könnte frei wählen?

MANGAN steht auf, aggressiv: Nein. Ich meine, was ich sage.



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