Happenstance Teil 2 by McGuire Jamie

Autor:McGuire, Jamie [McGuire, Jamie]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 2015-06-29T16:00:00+00:00

Kapitel 6

Ich fuhr belastet von meinem schlechten Gewissen zu dem Wandgemälde und parkte neben Westons Chevy bei der ehemaligen Pizzeria. Er wartete mit den Händen in den Hosentaschen und grinste.

Die Sonne stand hoch am Himmel und ließ nur einen schmalen Schatten auf den Asphalt, wo die anderen schon mit Pinseln in den Händen bei der Arbeit waren. Mrs. Cup warf einen Blick über ihre Schulter und registrierte meine Ankunft mit einem Nicken.

»Wieso hast du so lange gebraucht?«, fragte Weston. »Du hättest eigentlich direkt hinter mir sein sollen.«

»Ich bin von einer roten Ampel aufgehalten worden. Und ich fahre langsam.«

»Eine Schnecke hätte dich überholen können.«

»Das stört mich nicht«, sagte ich und lief zu der Ziegelmauer.

Ich tauchte meinen Pinsel in einen kleinen Eimer grüner Farbe und begann damit, Stellen auszubessern, wo die alte Farbe abgeplatzt war. Weston tat das Gleiche mit einer anderen Farbe.

»Was machst du nach der Arbeit?«, fragte er.

»Ich … ich glaube, ich muss mit Julianne reden.«

»Oh? Das klingt ein bisschen ernst.«

»Ist es auch. Aber ich hoffe, nicht. Vielleicht.«

»Worum geht’s?«

»Um etwas, das ich getan habe.«

Er zögerte und malte ein paar Pinselstriche. »Möchte ich das wissen?«

»Wahrscheinlich nicht.«

»Erzähl’s mir trotzdem.«

»Ich … es ist was Schlechtes.«

»Hast du was am Auto kaputt gemacht?«

»Nein.«

»Hast du ihr was geklaut?«

Ich drehte mich zu ihm um. »Wie bitte?«

Er drehte sich ebenfalls um und zuckte mit den Schultern. Er wirkte selbst erschrocken. »Ich weiß gar nicht, warum ich das gesagt habe. Meine Gedanken rasen, weil ich mich frage, was du Schlimmes getan haben könntest, über das du mit ihr reden musst. Ich glaube aber nicht, dass du ihr was geklaut hast. Oder irgendjemand anderem.«

Ich nickte zufrieden, aber mein Gesichtsausdruck wurde gleich wieder ernst. »Es ist fast genauso schlimm.«

»Mein Gott, Erin, jetzt sag’s mir einfach.«

»Ich … ich war in Alders Zimmer.«

Seine Augenbrauen schossen in die Höhe. Ich starrte auf den Zement zu meinen Füßen und seufzte tief.

»Ich habe ihr Ballkleid gesehen. Es ist wunderschön.«

Er nickte. »Ich weiß. Sie hat mir davon erzählt.«

»Sie hat Dutzende Tagebücher in einer Kiste hinten im Kleiderschrank.«

»Hast du sie gelesen?«, fragte er und wirkte auf einmal besorgt.

Ich nickte und wurde knallrot.

Er malte weiter, reagierte aber nicht darauf.

Ich wartete, und als ich schon fast außer mir war, drehte ich mich zu ihm. »Sag es.«

»Was denn?«

»Dass es falsch war.«

»Was stand denn drin?«, fragte er. »Von wann war der letzte Eintrag?« Er hielt den Blick auf die Mauer gerichtet, aber aus seinen Fragen klang echte Sorge.

»Ich habe nicht viel gelesen. Nur ein paar Einträge. Ich fühle mich deshalb aber schon schlecht genug. Es würde alles noch schlimmer machen, wenn ich dir auch noch erzählen würde, was sie geschrieben hat.«

»Irgendwas über mich?«

»Vielleicht. Ich weiß nicht. Es war ziemlich vage.«

»Ich muss dir gar nicht sagen, dass es falsch war, Erin. Es steht dir schon im Gesicht geschrieben. Nur … lass es. Lies nicht weiter.«

Er hatte recht. Diskutieren war sinnlos. Aber aus dem Augenwinkel bemerkte ich seine Nervosität, und das machte mich neugierig.

»Sie hat auch ein paar richtig alte. Vielleicht hat sie darin geschrieben, warum sie und Sonny aufgehört haben, mit mir zu reden.

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