Halali by Ingrid Noll

Halali by Ingrid Noll

Autor:Ingrid Noll [Noll, Ingrid]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783257608168
Herausgeber: Diogenes Verlag AG


{171}14

Im Kottenforst

Wir warteten angespannt darauf, dass sich Herr Zischka aufs Ohr legte. Als man nach zehn Minuten keinen Laut mehr vernahm, schlich Karin über den Flur bis vor die Tür des Trunkenbolds und spähte durchs Schlüsselloch, drinnen war es dunkel.

»Sobald wir ihn schnarchen hören, können wir loslegen«, sagte Jupp. »Aber einen Autounfall können wir vergessen.«

»Warum nicht?«, fragte ich.

»Blöde Frage! Man braucht noch nicht mal einen Gerichtsmediziner, um die Stichwunden im Rücken und in der Brust zu erkennen. Um solche Verletzungen zu vertuschen, müsste sich der Tote in Säure oder besser noch in Rauch auf‌lösen.«

»Dann könntest du ihn doch im Heizkessel …«, stotterte ich.

»Bist du wahnsinnig!«, rief Jupp. »Da passt er nie und nimmer rein! Man müsste ihn erst zerlegen. Bei aller Freundschaft – das könnt ihr mir nicht zumuten.«

{172}»Vergraben geht auch nicht. Die Erde ist gefroren!«, sagte Karin.

»Also doch lieber in den Rhein«, meinte ich, denn das war schließlich meine erste Idee gewesen.

»Sokolow hatte keine äußeren Verletzungen, sondern ist wohl ertrunken«, meinte Jupp. »Wahrscheinlich hatte man ihn vorher betäubt. Die Todesursache des Jägers passt nicht ins Bild. Aber Holle hat mich mit dem Heizkessel auf eine Idee gebracht, ich denke jetzt doch an ein Feuer …«

»Du willst doch nicht etwa Tante Helenas Villa abfackeln?«, fragte Karin entsetzt. »Das wäre der größte Blödsinn, den man sich ausdenken kann!«

Der Grizzly schien sich zu ärgern, er war empfindlich, wenn man ihn für doof hielt. »Ich will mir doch nicht mein eigenes Grab schaufeln«, sagte er gereizt. »Nein, das muss natürlich weitab vom Schuss stattfinden! Auf einer Lichtung im Kottenforst zünden wir die Karre samt Inhalt an – immer vorausgesetzt, dass sich ein gefüllter Benzinkanister im Kofferraum befindet. In dieser kalten Januarnacht bleiben wir ungestört, da wird bestimmt kein Förster, höchstens mal ein Wildschwein vorbeischauen. Allerdings müssen wir dann zu Fuß wieder nach Hause. Traut ihr euch das zu?«

Ich nickte tapfer, Karin enthielt sich der Stimme.

»Aber ich möchte auf keinen Fall, dass {173}unseretwegen der ganze Wald in Flammen steht«, wagte ich zu protestieren.

Der Grizzly beruhigte mich. Gefahr für einen Waldbrand bestehe keine, es sei doch alles von einer Eisschicht überzogen. Er kenne eine geeignete Stelle.



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