HALF BAD – Das Dunkle in mir: Band 1 (German Edition) by Green Sally

Autor:Green, Sally [Green, Sally]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2014-03-30T16:00:00+00:00

Teil 4

Freiheit

Drei Teebeutel im Leben des Nathan Marcussowitsch

Ich bin seit zehn Tagen frei. Es geht mir gut. Ich befinde mich in einem Haus auf dem Land und trinke einfach eine Tasse Tee. Ich komme an den meisten Tagen hierher, schlafe jedoch im eine Meile entfernten Wald. Der Wald ist okay. Es ist warm, und ich kann hören, wenn sich etwas nähert. Nichts Menschliches tut das jemals. Es ist gut, dass ich nicht im Käfig bin. Doch im Käfig habe ich besser geschlafen. Jetzt habe ich ständig Albträume. Die Albträume klingen nicht allzu beängstigend, ich renne und renne immer durch die Gasse neben dem Ratsgebäude.

Essen stellte ein Problem dar, bevor ich diesen Ort gefunden habe. Es ist ein Ferienhaus und wird kaum benutzt. Ich habe es geschafft einzubrechen, einfach indem ich mich mit einem Stück Draht am Schloss zu schaffen gemacht habe. An den meisten Tagen dusche ich hier und manchmal liege ich auf einem der Betten oben, wie Goldlöckchen im Märchen, aber ich schlafe nie. Die Betten sind alle wirklich weich, und es ist auch Haferbrei da, was irgendwie witzig ist.

Im Schrank sind Nudeln und Müsli, außerdem die Haferflocken, also lebe ich vor allem davon. Milch gibt es natürlich nicht, daher mache ich den Haferbrei mit Wasser. In meinem Haferbrei gibt es keine Klümpchen, aber ich habe den ganzen Honig, die ganze Marmelade und alle Rosinen aufgebraucht, sodass auch sonst nicht viel drin ist.

Ich nehme eine Mahlzeit am Tag zu mir, wann immer mir danach ist. Ich esse nicht viel; es ist nicht viel zu essen da. Reis mit Salz ist meine Lieblingsspeise. Es gab auch eine Dose Thunfisch, aber die war schon am ersten Tag weg, und die Dose Bohnen am zweiten Tag. Ich stecke einen halben Müsliriegel in meine Tasche und lutsche am Abend langsam daran, wenn ich mich im Wald schlafen lege.

Eine Familie kam und blieb zwei Tage. Ich schätze, es war Wochenende. Mum, Dad, zwei Kinder und ein Hund, die perfekte Familie. Sie haben anscheinend nicht bemerkt, dass ich im Haus gewesen bin und Sachen weggenommen habe. Ich sorge immer dafür, dass alles sauber und ordentlich ist. Als sie abgereist sind, gab es mehr Nudeln, aber keinen Haferbrei mehr. Ich hatte auf eine weitere Dose Thunfisch gehofft, aber kein Glück gehabt.

Ich dachte, ich hätte draußen etwas gehört. Aber da ist nichts.

Ich habe wieder angefangen, an den Nägeln zu kauen. Als ich klein war, habe ich das gemacht, aber wegen Annalise damit aufgehört. Jetzt habe ich wieder damit angefangen. Ich versuche, nicht so oft an Annalise zu denken.

Es regnet. Nieselt.

Ich sollte besser wieder draußen nachsehen gehen.

Ich gehe zurück in den Wald. Ich glaube, sie beobachten mich. Manchmal kann ich es spüren. Ich bekomme eine Gänsehaut davon.

Meine Flucht war zu einfach. Es ist unglaublich, dass der Rat sich so viel Mühe gemacht hat, mich mein Leben lang unter strenger Kontrolle zu halten, all diese Einschätzungen und Bekanntmachungen; sie haben mich bei Celia gefangen gehalten, mich tätowiert – doch sie haben mich entkommen lassen. Es kann sich nur um einen neuen Plan von ihnen handeln.

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