Gut getroffen. Holzhammer ermittelt by Gers Fredrika

Autor:Gers, Fredrika [Gers, Fredrika]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-644-52261-9
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2014-09-26T04:00:00+00:00

Eigentlich hatte Christine sich vorgenommen, liegengebliebenen Schreibkram zu erledigen, solange kein Patient mit einer akuten Weihnachtsdepression bei ihr vorstellig wurde. Aber anstatt den Papierstapel auf ihrem Designerschreibtisch abzubauen, versuchte sie nun schon zum fünften Mal, Franz Holzhammer auf dem Handy zu erreichen. Den ganzen Vormittag hatte sie nur immer nur die Mailbox drangehabt.

Über die schneematschbedeckte Wiese schweifte ihr Blick in Richtung des Bodnerbiei, auf dem die Weihnachtsschützen gestanden hatten. Ein «Bi» war ein Hügel, ein «Biei» ein Hügelchen. Berchtesgadenerisch hatte was von Kurzschrift. Eine Hecke verwehrte den direkten Blick auf den Tatort. Waberer. Heimito. Wer nannte sein Kind eigentlich Heimito?

Ganz in den Gedanken drückte sie auf Wahlwiederholung, und diesmal meldete sich der geplagte Polizist. «Ja grüß dich, Franz, wie sieht’s denn aus?»

«Mei, chaotisch halt. Und es wird immer chaotischer. Und das Beste: Ich glaub, mei Tochter hatte was mit dem Erben», sagte Holzhammer.

«Ist der denn verdächtig?»

«Also mei Tochter sagt nein.»

«Verstehe. Und sonst?»

Holzhammer berichtete von der abendlichen Haussuchung. «Und jetzt haben mir so viel Hinweise, dass man des Kriminalmuseum damit tapezieren könnt. Sogar a klassischer Drohbrief ist dabei.»

«Und glaubst du, dass der Drohbriefschreiber der Mörder ist?»

«Ned unbedingt, aber vielleicht war er es, der den Waberer an Nikolaus niederschlagen hat. Macht bei Drohungen ja mehr Sinn, dass man den Bedrohten leben lässt.»

«Auch wieder wahr. Und was wurde aus dem Haus gestohlen?»

Holzhammer erzählte von der Wundermittelproduktion in Waberers Keller und den leergeräumten Regalen. «Und was ich ned versteh, dass scheinbar niemand von seinem florierenden Bauchladen gewusst hat. Dabei bleibt doch sonst nix geheim im Talkessel.»

«Na ja, wer gibt schon gern zu, dass er Potenzmittel nimmt? Und die Mittel für Sportler – das war auch schlau. Hätten sie wirksame Substanzen enthalten, wäre es ja verbotenes Doping. Außerdem sind Sportler dankbare Abnehmer für Wundermittel. Denk nur an diese Magnetarmbänder, die eine Zeitlang in Mode waren. Jeder Sportprofi hatte eins und daraufhin bald auch jeder Hobbysportler. Sogar noch, als der Hersteller längst wegen Betruges verklagt war.»

«Recht hast. Die geben für so was auch richtig Geld aus, geht ja um den Job. Und beim Korbi hat der Waberer auch richtiggelegen. Der hat Geld wie Heu, oder besser g’sagt anstatt Heu, weil seine Wiesen ja damals Baugrund wurden. Und im Hirn nur Stroh.»

«Diese Hochpreispolitik war auch wegen der Geheimhaltung ziemlich schlau», überlegte Christine. «Indem er konsequent auf dicke Brieftaschen und hohles Hirn setzte, brauchte er nur wenige Kunden, um einen Haufen Geld zu machen.»

«Ja, und weil er nur Sachen verkauft hat, über die man ned red’t», ergänzte Holzhammer. «Deshalb wusst ned a mal mei staatlich geprüfte Ratschkathl davon.»

Wie Holzhammer über seine Angetraute zu reden pflegte, hatte Christine anfangs irritiert. Aber dann hatte sie gemerkt, dass er dahinter nur seine tiefe Liebe zu ihr verbarg. Die beiden waren ähnlich verschieden wie sie und Matthias, vermutlich funktionierte auch ihre Beziehung ähnlich. Es war ermutigend, dass sie dies bereits seit dreißig Jahren tat.

Ihr Lieblingspolizist erzählte von seinem Gedanken, dass der Mörder möglicherweise ein Käufer der wirkungslosen Wässerchen war. Dadurch würde der potenzielle Täterkreis nicht größer, sondern kleiner, weil der Täter ja noch mindestens eine weitere Bedingung erfüllen musste.

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