Grimbert, Pierre - Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier by Grimbert Pierre

Grimbert, Pierre - Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier by Grimbert Pierre

Autor:Grimbert, Pierre [Pierre, Grimbert]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: babylon
veröffentlicht: 2012-07-04T22:00:00+00:00


Zweites Buch:

Die Gwelome

Bowbaq brauchte zwei Tage bis nach Cyr-la-Haute, die erste loreiische Stadt hinter der arkischen Grenze, und dann noch einen weiteren Tag bis zu den südlichen Ausläufern der Tarentellen, einer Bergkette, die die Oberen Königreiche vor der eisigen Witterung des hohen Nordens schützte. Ohne Niss wäre er schneller vorangekommen, aber so musste er Rücksicht nehmen und abschätzen, wann sie müde wurde: Das Mädchen beklagte sich nie und wäre vermutlich einfach irgendwann vor Erschöpfung vom Pferd gefallen. Seit ihre Familie verschwunden war, hatte Niss kein Wort gesprochen, und Bowbaq hatte sich schon lange nicht mehr so einsam gefühlt.

Selbst seinen Hund Galou vermisste er schmerzlich, doch es wäre unvernünftig gewesen, den Rouvier auf die beschwerliche Reise mitzunehmen. Deshalb hatte Bowbaq ihn zusammen mit seinen beiden Ponys und den vier Ziegen sechs Meilen bis zum nächsten Bauernhof gebracht und ihn der Obhut des Nachbarn überlassen. Nur die beiden rodischen Pferde hatte er behalten, zwei robuste Reittiere, die ihm Leti geschenkt hatte.

Nachdem sie zwei Nächte hintereinander in Jagdhütten übernachtet hatten, machten sie an diesem Abend in einer der zahlreichen Herbergen Halt, die die Straße nach Lorelia säumten. Eigentlich hatte Bowbaq eine Abneigung gegen bezahlte Unterkünfte, aber die arkischen Zeichen, die in das Herbergsschild geschnitzt waren, flößten ihm Vertrauen ein. Zu seiner Freude waren der Wirt und seine Frau Landsleute: Sie gehörten zum Anatorenklan, der mit dem Vogelklan verbündet war. Die drei Erwachsenen verbrachten einen Großteil des Abends damit, Erinnerungen an Arkarien auszutauschen, während sie einen Krug Milo leerten.

Niss verschlang zwei Schüsseln Eintopf und kroch dann unter den Tisch, wo sie eine ganze Weile mit der Katze der Wirtsleute spielte, einem kugelrunden, sanftmütigen Tier. Irgendwann begann das Mädchen, sein Miauen nachzuahmen, woraufhin Bowbaq seinen Gastgebern dankte, sich hastig verabschiedete und mit seiner Enkelin auf ihr Zimmer ging.

Der Raum war klein, aber gemütlich. Boden, Wände und Decke waren mit Holz getäfelt, vor dem Bett lag ein Tierfell, und der Abort war hinter einem Vorhang verborgen. Bowbaq setzte sich schwerfällig auf das weiche Federbett, während Niss ihr Nachthemd überzog. Höchstwahrscheinlich würden sie eine ganze Weile keinen Arkariern mehr begegnen. In drei Tagen würden sie Lorelia erreichen, eine Stadt, die Bowbaq noch nie gemocht hatte. Zwar war er einige Male mit Ispen dorthin gereist, um Reyan und Lana zu besuchen, aber eigentlich hatte er seine Freunde immer lieber bei sich zu Hause bewirtet. Menschenansammlungen waren ihm einfach ein Gräuel.

Außerdem machte sich Bowbaq Sorgen, wie Niss auf den Trubel der Stadt reagieren würde. Seit dem Unglück, das sie als Zehnjährige in einen Zustand der Geistesabwesenheit gestürzt hatte, bemühte sich ihre Familie, sie zu schonen. Niss durfte nicht zu vielen Gesprächen zugleich lauschen, nicht lange mit Tieren spielen und keine Gewalt mit ansehen. Nie zuvor hatte Bowbaq diese Regeln, die er selbst aufgestellt hatte, als so belastend empfunden. Wie sollte er verhindern, dass das Mädchen in einer Straße, in der es vor Menschen nur so wimmelte, den Gesprächen der Passanten zuhörte?

Wie konnte er vermeiden, dass sie in den nächsten Tagen Zorn, Bösartigkeit und Brutalität beobachtete?

Bowbaq befürchtete, dass sie noch tiefer in ihren Träumen versank.



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