Gregorovius, Ferdinand: Geschichte der Stadt Athen im Mittelalter. 1889 by Gregorovius
Autor:Gregorovius [Gregorovius]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Geschichte
Herausgeber: barsto
veröffentlicht: 2010-12-12T23:00:00+00:00
3.
Der junge Herzog von Athen konnte sein Lehnsverhältnis zu Achaia als drückend empfinden, soweit es ihn nötigte, sich durch Hilfstruppen an den fortgesetzten Kriegen zu beteiligen, welche der dortige Fürst mit den Griechen im Peloponnes zu führen hatte; jedoch die Stütze, die ihm das damals noch mächtige Haus Anjou bot, war nicht zu verachten, und außerdem durfte er in voller Unabhängigkeit sein Land regieren und seinen Machteinfluß ungehindert nach dem Norden ausdehnen. Durch seine Mutter Helena war er in nahe Verbindung mit dem Dynastenhause der Angeloi in Neopaträ gekommen. Er besaß in Thessalien Zeitun und andere Städte, von denen er Gardiki, das alte Larissa-Kremaste, die fabelhafte Burg des Achill, seinem Freunde Bonifatius von Verona zu Lehen gegeben hatte. Nun aber machte ihn ein Zufall zum Gebieter über das ganze fruchtbare thessalische Land.
Der damals in Neopaträ herrschende Sebastokrator Konstantin Angelos Dukas, der Bruder Helenas, starb im Jahre 1303. In seinem Testament hatte er den Herzog von Athen zum Vormunde seines Sohnes Johannes II. Angelos und zum Regenten Thessaliens eingesetzt, voraussehend, daß seine Feinde und Nachbarn, zumal die Angeloi von Epiros, sich Gelegenheit nehmen würden, über die Länder des Unmündigen herzufallen. Thessalische Archonten gingen deshalb mit dem Testament nach Theben und luden Guido ein, den Willen seines Oheims auszuführen. Der Herzog versammelte seine Vasallen, Thomas von Salona, Bonifatius von Verona und andere Barone, sogar aus Euböa, zog mit diesem Heerbann erst nach Zeitun, wo ihm die Großen Thessaliens huldigten, und dann zum jungen Fürsten nach Neopaträ. Hier ordnete er auf fränkische Weise die Regierung des Landes, indem er den Städten Befehlshaber gab, einen Marschall Großwlachiens ernannte und als seinen Bail den Ritter Anton le Flamenc, Herrn von Karditsa in Böotien, einsetzte. Hierauf kehrte er nach Theben zurück.*)Liv. d. l. Cq.-, p. 405ff. Die nahen Beziehungen, in welche schon seine Mutter Thessalien zu Athen gebracht hatte, wurden jetzt so lebhaft, daß jenes Land sich zu romanisieren begann. Französische Sprache und Sitten drangen in dasselbe ein; es schien sich von seinem alten Zusammenhange mit Byzanz abzulösen.*)Während seiner Regentschaft ließ Guido in Neopaträ Tournoisen schlagen mit dem Namen seines Mündels und mit lateinischer Legende. ANGELVS SAB' C. (Sebastokrator Comnenus) NEOPATRIE. Varianten: DELLA PATRIA oder PATRIA. Schlumberger, p. 382.
Die Furcht der Thessalier vor den Absichten der Dynasten von Epiros waren nicht grundlos. Nach dem Tode des Despoten Nikephoros I. im Jahre 1296 regierte dort dessen Witwe, die Despina Anna, die Schwiegermutter Philipps von Tarent, für ihren kleinen Sohn Thomas, ein ruheloses Weib, voll Ehrgeiz und, wie es scheint, auch mit kräftigem Geist begabt. Es lebte in ihr der hellenische Patriotismus der Angeloi fort, trotz ihrer Familienverbindung mit den Anjou, die sich bald genug in Feindschaft und Haß verwandelte. Anna erhob sich alsbald gegen die Einmischung des Herzogs von Athen in die Angelegenheiten Thessaliens. Nachdem sie im Jahre 1304 die dortigen Kastelle Pindos und Phanarion durch ihre Truppen hatte besetzen lassen, entschloß sich deshalb Guido zum Kriege mit ihr. Die Streitmacht, die er zusammenbrachte, bewies, daß er kein verächtlicher Gegner war. Sie zählte 900 auserwählte Ritter, alle
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