Grappas Versuchung by Wollenhaupt

Grappas Versuchung by Wollenhaupt

Autor:Wollenhaupt
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-01-23T05:00:00+00:00


»Ich hasse alle Journalisten«, sagte Baudezernent Kunz, als ich ihn anläutete. »Ich weiß«, meinte ich milde, »sagen Sie mir trotzdem, was es an diesem Abend zu essen gab?«

»An welchem Abend?«

»Beim Abendessen in Süddeutschland auf Kosten der Kurt Korn GmbH und Co. KG.«

»Haben die Bunten ihre Pressekonferenz schon beendet?« Er hatte davon erfahren. Dann sagte er: »Spielverderber, diese Bunten. Da gibt man ihnen für umsonst was richtig Gutes auf die Gabel und so wird's gedankt.«

»Hätten denn nicht alle ihre Zeche selbst bezahlen können?«

»Natürlich. Aber die von den anderen Parteien hätten das nicht so gerne gesehen. Irgendeiner übernimmt bei solchen Fahrten sowieso die Zeche.«

»Aber ausgerechnet Kurt Korn!«

»Wieso ausgerechnet? Ich habe nichts gegen den Mann. Und was hätte die Presse geschrieben, wenn der Steuerzahler die Rechnung übernommen hätte?«

»War das alles Korns Idee?«

»Ja. Er wollte die Politiker von der Qualität seiner Sanierungsmaßnahmen überzeugen. Und das ist ihm auch gelungen, so hoffe ich.«

»Und – bekommt er jetzt den Auftrag für die Sanierung der Stadthäuser?«

»Wieso bekommt? Er hat ihn schon …«

»Die Bunten sagen, die Auftragsvergabe stünde an …«

»Die Bunten sagen …«, äffte er mich nach. »Diese Partei ist eine Mischung aus Halbwahrheiten, Intrigen, Pharisäertum und Frustration! Korn hat den Auftrag am 12. bekommen und das Essen war am 20. des Monats. Noch Fragen?«

»Noch zwei. Hat Ihr Sohn einen gut bezahlten Job bei Korn?«

»Nein, er arbeitet in einem Architekturbüro, das für Korn Aufträge durchführt. Als Praktikant, für 20 Mark die Stunde. Die zweite Frage?«

»Was gab's zu essen?«

»Ich lese Ihnen die Speisekarte vor: Klare Ochsenschwanzsuppe, Feines aus dem Fischernetz, Rehrücken mit Waldpilzen und Birne Helene. Wein und Schnaps nach Wunsch. Ein Essen, wie es in einem solchen Rahmen üblich ist. In Ihrem Beruf übrigens auch. Oder bezahlen Sie nach einer Pressekonferenz das Essen, zu dem Sie eingeladen werden?«

Nein, das tat ich nicht. »Hat es wenigstens geschmeckt?«

»Das ist schon Frage Nummer drei! Ja, es war ganz gut. Besonders Herrn Dr. Asbach hat es gemundet. Er hat noch eine Portion nachbestellt. Hat er das auch auf seiner Skandal-Pressekonferenz erzählt?«

»Nicht direkt«, räumte ich ein, »aber er hat nicht ausdrücklich abgestritten, dass er was gegessen hat.«

»Da habe ich aber Glück gehabt«, sagte Werner Kunz ironisch.

»Warum hassen Sie eigentlich alle Journalisten, Herr Kunz?«

»Weil sie sich wie die Richter dieser Welt aufspielen.«

Auch ein Grund. Die Geschichte war nicht mehr als eine Moderation über das, was die Bunten für ein Skandal halten. Die Bestechungsstory hatte sich »im Fischernetz« verfangen.



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