Grappas Gespuer Fuer Schnee by Gabriella Wollenhaupt

Grappas Gespuer Fuer Schnee by Gabriella Wollenhaupt

Autor:Gabriella Wollenhaupt [Wollenhaupt, Gabriella]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783894253592
Herausgeber: GRAFIT Verlag
veröffentlicht: 2013-11-04T05:00:00+00:00


Verhaftungen sind fotogen

Natürlich war die Festnahme des Parteichefs der Sozialdemokraten großes Thema in den abendlichen Fernsehsendungen. Die Kombination von politischer Macht, Sex, Drogen und Verbrechen zog die Menschen von jeher an. Friedemann Kleist machte sich gut als Interviewpartner im TV und stellte den umständlichen Staatsanwalt in den Schatten.

Jansen wartete in der Redaktion auf mich – es war Sonntagmittag und ich hatte einiges zur Montagsausgabe beizutragen. Gut gelaunt setzte ich mich in mein Auto – auch das Wetter war glänzend. Ich machte einen Umweg und stoppte bei einer Pizzeria. Zwei mal die kleine Ausgabe der Diavolo. Ich musste zwanzig Minuten warten und beschäftigte mich mit den ausliegenden Zeitschriften. Lady Cora brillierte als Titel-Girl in der Praline.

Das Girl, vor dem Politiker zittern: Ich mag es heiß und schmutzig! So wurde sie zitiert. Die Fotoserie war eindeutig.

Das ist nicht gut, Lady, dachte ich. Vermutlich bist du doch nicht so klug, wie ich dachte.

Ich packte die Schachteln mit den Pizzen und fuhr zur Redaktion. Sonntagsbesetzung mit Jansen, Pöppelbaum und Kulturredakteurin Margarete Wurbel-Simonis. Letztere hatte am Abend zuvor den Opernball im Konzerthaus besucht, das jährliche Event der oberen Tausend von Bierstadt. Diesmal hatten sie Helmut Lotti engagiert und ein halbwegs bekanntes Salonorchester. Der Ball holte eigentlich niemanden mehr hinter dem Ofen hervor und der Veranstalter verschenkte viele der Karten. Auch das Tageblatt hatte fünfzig unter den Lesern verlost. Die Preisfrage war: Wie heißt der Sänger des diesjährigen Opernballs? a) Lotto oder b) Lotti?

Margarete Wurbel-Simonis jedoch war voller Begeisterung und gab Jansen gerade einen blumigen Bericht. Er teilte ihr sechzig Zeilen zu.

»Leider hab ich nur zwei Pizzen mitgebracht«, entschuldigte ich mich.

»Kein Problem, Frau Grappa«, meinte die Kulturfrau. »Ich muss auf meine Linie achten.«

Ich sah ihr nach. Sie war etwa einen Zentimenter größer als ich und zwanzig Pfund leichter.

Jansen grinste und öffnete die Schachtel. »Mach den Mund wieder zu, Grappa, alles ist gut. Boah, ich hab vielleicht Hunger.«

»Ich auch«, sagte ich beherzt und teilte die Pizza in dreieckige Stücke. Pöppelbaum stieß zu uns.

»Hey, Wayne. Wie sind die Fotos geworden?«

»Gar nicht mal so übel«, antwortete er. »Oh, es gibt Pizza?«

»Du kannst die Hälfte abhaben. Ich muss auf meine Figur achten.«

»Du doch nicht, Grappa«, widersprach er. »Du brauchst deine Reserven. Stell dir mal vor, ab sofort würde eine Hungersnot ausbrechen. Du würdest uns alle überleben.«

Ich nahm ihm die Frechheit nicht übel. »Lieber nicht! Das Leben wäre so öde ohne euch.«

Wir lachten.

»Zeig mal die Bilder«, bat ich.

Zu dritt gingen wir zum Rechner. Wayne blätterte die Aufnahmen durch. Sie zeigten Polizei und Staatsanwaltschaft vor der SPD-Zentrale in voller Aktion. Vorwärts mit Ehrlichkeit und Solidarität – so prangte es passend auf einem Wahlplakat. Davor Parteichef Mobby Madig in Handschellen, flankiert von zwei uniformierten Beamten sowie Kleist und dem Staatsanwalt.

Nächstes Bild: Madig wird von einem Polizisten auf die Rückbank eines Fahrzeugs gedrückt. Der Beamte hat seine Hand auf Madigs Schädel gelegt, um eine Verletzung am Autoholm zu verhindern.

Bei dem geht nicht viel kaputt, dachte ich, ein Schlag auf den Kopf kann dessen Denkvermögen nur stimulieren.

Schicke Bilder waren das.

»Ich geh schreiben«, trillerte ich fröhlich und schnapptemir die Pizzareste.



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