Grappa 14 - Grappa im Netz by Wollenhaupt Gabriella
Autor:Wollenhaupt, Gabriella [Wollenhaupt, Gabriella]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-10-31T04:00:00+00:00
Caligula und Catilina
Am nächsten Morgen überraschte mich Hauptkommissar Brinkhoff mit der Information, dass das Landeskriminalamt einen Profiler abgestellt und nach Bierstadt entsandt habe. Ich saß bereits in meinem Büro und brütete unwillig über den letzten Feinheiten der Pilotsendung.
»Ein Profiler? Das ist endlich mal ein Aufhänger!«, jubelte ich durchs Telefon. »Kann ich den Mann kennen lernen? Mit ihm reden? Ihn interviewen?«
»Nun mal langsam«, forderte Brinkhoff.
»Wieso langsam?«, fragte ich. »Warum erzählen Sie mir denn dann davon?«
»Sie sollen ihn ja kennen lernen. Aber erst mal ohne Kamera. Er hat mich übrigens sogar darum gebeten, den Kontakt zu Ihnen herzustellen. Ich habe ihm erzählt, dass Sie Verbindung zu einem Informanten haben.«
»Leider ist der Stramme Hengst wie vom Erdboden ... oder wie vom Netz verschluckt.«
»Haben Sie etwas von den Chats oder den E-Mails gespeichert?«
»Ja, klar. Die stelle ich Ihrem Kollegen gern zur Verfügung. Aber viel wird er nicht damit anfangen können.«
»Abwarten. Er interpretiert solche Dinge anders als solche einfachen Polizisten wie ich. Ich werde Dr. Kaligula sagen, dass Sie bereit sind, ihn treffen.«
»Wie heißt der?«, lachte ich.
»Kaligula. Dr. Julius Kaligula.«
»Caligula? Das war ein römischer Kaiser!«
»Ja. Dieser hier schreibt sich aber mit K am Anfang.«
Brinkhoff versprach, sich wieder zu melden. Ich zog die Bierstädter Allgemeine Zeitung aus dem Stapel der Tagesblätter, die auf meinem Tisch lagen. Nein, Tom Piny hatte sich doch noch nicht getraut, Nagels Ausflug ins Land der superheißen Höschen zu thematisieren. Er hatte sich darauf beschränkt, die Verkaufsstellen für die Teelichter bekannt zu geben, deren Licht die Entführer beeindrucken sollte.
Ich schaute auf die Uhr. Noch eine halbe Stunde bis zur Programmkonferenz. Zeit genug, mal eben ›zufällig‹ an Jansens Büro vorbeizugehen und ihm einen guten Morgen zu wünschen. Auf mein beherztes Klopfen folgte ein munteres »Herein«. Jansen hatte ebenfalls einige Zeitungen vor sich liegen und trank Kaffee.
»Hi, Peter«, begann ich, »guten Morgen. Und? Geht's gut?«
»O ja, danke der Nachfrage, Grappa-Baby. Und dir?«
»Auch gut. Ist alles so gelaufen, wie du es geplant hattest?«
»Ja, klar!« Er löste den Blick vom Geschriebenen und grinste mich an.
»Was heißt das?« Ich platzte fast vor Neugier.
»Ich hatte ein schönes, ruhiges Wochenende«, erklärte mein früherer Chef.
»Mann! Nun erzähl schon!«
»Was?«
»Das Abendessen bei der Hecke! Wie war es?«
»Harmonisch. Wir haben uns gut amüsiert. Und sie ist eine hervorragende Köchin.«
»Na toll! Peter! Nun lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen!« Ich war genervt.
»Es war ein schönes Abendessen zu dritt!«
»Was? Wieso zu dritt?«
»Ada, Guido und ich.«
»Wer ist Guido?« Ich verstand nur Bahnhof.
»Guido Hecke. Ihr Sohn. Sechzehn Jahre alt. Netter Bursche!«
Jetzt war ich platt.
»Sie hat einen Sohn, Grappa!«, wiederholte Jansen. »Selbst geboren und von einem Mann empfangen, denke ich mal, falls wir eine Jungfernzeugung ausschließen. Wer, zum Teufel, hat dir eigentlich den Quatsch gesteckt, dass Ada auf Frauen steht? Als ich ihr erzählt habe, dass sie für lesbisch gehalten wird, hat sie schallend gelacht.«
Das war peinlich! Was hatte Barbara da nur geredet? Aber vielleicht lag Jansen ja auch falsch, denn es gab ja auch spät berufene Lesben und ein halbwüchsiger Sohn am Abendbrottisch bedeutete erst einmal recht wenig.
»Hast du denn wenigstens in ihren Bücherschrank geguckt?«, versuchte ich die Peinlichkeit zu überspielen.
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