Graffiti Moon (German Edition) by Cath Crowley

Graffiti Moon (German Edition) by Cath Crowley

Autor:Cath Crowley [Crowley, Cath]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-11-18T05:00:00+00:00


Ich lasse meine Hände auf Lucys Schultern liegen, obwohl ihre Haut so heiß ist, dass ich die Wärme bis in die Arme spüre. Aber das stört mich nicht. Die Straße schnurrt vorbei, und mein Gehirn schnurrt auch. Gedanken strömen aus meinem Kopf in die Hände. Und meine Hände werden zucken, bis sie die Gedanken aus sich herausgemalt haben.

»Ich finde Kunst cool.« Das ist Gedanke Nummer eins.

Gedanke Nummer zwei dreht sich um meinen Plan, ohne Rücksicht auf Beth über den Zaun zu springen, falls man uns hinten im Garten ertappt hätte. Ich hätte Schiss gehabt, mich ihrem Vater erklären zu müssen. Ich habe nie überlegt, wie das für sie gewesen wäre.

Gedanke Nummer drei dreht sich um Lucy, die ständig gegen ihr Armband schnippt und von einem Fuß auf den anderen tritt. Sie ist so rastlos, als müsste sie irgendwohin. Es wäre schön, wenn sie eine Weile ruhig wäre. Wenn sie einfach still sein und von den verrückten Gedanken erzählen würde, die ihr durch den Kopf gehen.

Gedanke Nummer vier gilt ihren Worten, dass sie es mit Shadow tun würde. Ich hätte natürlich nichts dagegen, es mit ihr zu tun, nur wird das nie passieren, denn wenn sie merkt, dass ich Shadow bin, wird sie ihr Angebot zurückziehen. Ich sitze in der Zwickmühle. Solange ich nicht ehrlich bin und ihr nicht die Wahrheit sage, kann ich es nicht mit ihr tun. Und wenn ich ehrlich bin und ihr die Wahrheit sage, wird sie es nicht mit mir tun.

»Man muss die Frauen gut behandeln«, sagte Bert einmal, während wir Farbe ausluden.

»Ich behandle Beth gut«, erwiderte ich.

Er sah mich an. Seine struppigen Augenbrauen führten einen regelrechten Tanz auf, und dann riet er mir: »Sei ehrlich. Valerie sagt immer, alles, was sie von mir wolle, seien ein bisschen Güte und die Wahrheit.«

»Ich kann Beth nicht erzählen, dass ich Shadow bin«, sagte ich. »Sie fände es nicht gut, dass ich Dinge tue, die sie für gefährlich hält.«

»Das ist nicht der Grund. In Wahrheit verschweigst du es ihr, weil das, was du malst, von tief da drinnen kommt.« Er tippte gegen meinen Kopf.

»Jetzt links«, sage ich zu Lucy. »Da ist das Piece.«

Ich habe es gemalt, nachdem Beth meine Sachen zurückgebracht hatte. Der Geist im Glas. Lucy sieht sich rasch nach einem malenden Schatten um, bevor sie mein Werk betrachtet. Ich habe das Gefühl, dass meine Haut immer dünner wird, dass sie in mich hineinschauen könnte, wenn sie sich umdrehen würde. Dann wüsste sie alles.

Aber sie ahnt nichts. Sie schaut mich an, dann wieder die Wand. »Hast du dich je so gefühlt?«, fragt sie, aber ich schweige, denn jedes Wort, das ich sagen könnte, würde mich verraten. »Als würdest du in der Falle sitzen, und der Deckel wäre fest zu?«

Der Deckel ist fest zu. Er ist immer fest zu und wenn man das Glas öffnen will, muss man es zerschlagen. So habe ich mich manchmal gefühlt, wenn ich nach der Trennung von Beth im Laden stand. Ich wollte nur malen, nichts anderes. Aber dann starb Bert und ich verlor meinen Job und saß in der Klemme, weil ich kein Geld mehr verdiente.



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