Gott will uns tot sehen by Dimitrij Wall

Autor:Dimitrij Wall [WALL, DIMITRIJ]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2015-04-23T16:00:00+00:00

Wladimir besuchte mich im Shop. Er war schlecht gelaunt und schaute sich ein bisschen um, überlegte, einen Vertrag abzuschließen. Aber nachdem er Thorsten gesehen hatte, meinte er, dass der ein ziemlicher Waschlappen sei und er nicht glauben könne, dass so einer mein Boss sei, und zudem würde er nicht wollen, dass so ein Typ auch nur einen einzigen Cent an ihm verdiene. Ich verteidigte Thorsten nur, weil es in meinen Augen kaum etwas Erniedrigenderes gab, als für jemanden zu arbeiten, der bei anderen keinerlei Respekt genoss. »Eigentlich ist er ganz okay«, sagte ich, »außerdem scheint er großen Erfolg bei Frauen zu haben.«

»Von mir aus könnte er Claudia Schiffer vögeln, er bleibt trotzdem ein Waschlappen«, sagte Wladimir.

Wir traten vor den Supermarkt und rauchten eine Zigarette.

»Ich hoffe, du hast sie dabei, du verdammter Idiot.«

»Ja«, sagte ich, »sie liegt im Auto.«

»Irgendwas stimmt nicht mit dir, Dima. Du hast sie doch nicht alle. Du lässt eine scharfe Waffe im Auto liegen? Eine beschissene illegale Waffe?«

Wir setzen uns in den Golf, und ich holte sie unter dem Sitz hervor. Wladimir prüfte alle Funktionen, verriegelte sie und steckte sie in die Hose. Dann haute er mir mit der flachen Hand eine runter. »Dass ich so einen Scheiß nicht noch mal erleben muss. Klar?«

»Sorry, Mann. Ich wollte dir keine Schwierigkeiten bereiten.«

Im Shop wollte Thorsten wissen, wer dieser Riesenkerl gewesen war, aber mir war nicht danach, es ihm zu erzählen. Ich beriet ein paar Leute, ohne dass sie etwas kauften, und Thorsten schaute dabei zu. Kurz vor Feierabend standen zwei Kerle im Laden. Kanisterköpfe in schwarzen Lederjacken, weiten schwarzen Stoffhosen und spitzen, polierten Lackschuhen. Ich wusste gleich, dass das keine normalen Kunden waren. »Du bist Wolf, nicht wahr?«, fragte der Kleinere mit der Glatze und starkem russischen Akzent. »Wir sind Freunde von Sascha. Kannst du kurz rauskommen? Wir wollen mit dir reden.«

Thorsten konnte mir nicht helfen, und Wladimir würde mindestens dreißig Minuten brauchen, bis er hier sein könnte. Ich hatte keine Wahl und ging mit den beiden nach draußen. Am anliegenden Parkhaus zündete sich der Kleinere eine Davidoff an. Er hätte eine Figur aus Balabanows Filmen sein können.

»Sascha hat gesagt, dass du etwas hast, was uns gehört«, qualmte er mir ins Gesicht. Dieses feige Schwein, dachte ich. Wenn ich den Penner in die Finger bekomme, reiße ich ihn in Stücke. Vorausgesetzt, diese Jungs hatten noch etwas von ihm übrig gelassen.

»Männer, ich weiß nicht, wovon ihr redet. Das muss ein Missverständnis sein.«

Der Große, der noch kein einziges Wort verloren hatte, setzte mir, in der Manier eines erfahrenen Boxers, einen Leberhaken. Ich ging direkt zu Boden, rang nach Luft und kotzte den beiden beinahe auf die Schuhe. Ein paar Leute schoben sich unbeeindruckt mit ihren Einkaufswagen vorbei.

»Fünfhundert. Heute um zwölf Uhr auf dem Belmer Aldi-Parkplatz.«

Sie warteten nicht mal auf eine Antwort und fuhren in ihrem schwarzen Audi davon. Ich brauchte mindestens fünf Minuten, bis ich mich aufrappeln und in den Laden zurückkehren konnte, um Wladimir anzurufen.

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