Goldrausch im All by Peter M. Schneider

Goldrausch im All by Peter M. Schneider

Autor:Peter M. Schneider
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: FinanzBuch Verlag
veröffentlicht: 2018-02-26T16:00:00+00:00


TREIBSTOFF FÜRS ALL

Neben dem Rohstoff Metall wird womöglich auch Wasser zunächst nicht so verwendet werden wie vielfach angenommen – in Form seiner zerlegten Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff. Stattdessen kann Wasser auch ungespalten in einem elektrothermischen Triebwerk als Treibstoff dienen. In diesen Resistojets genannten Motoren wird der Treibstoff nicht chemisch verbrannt, sondern verlässt die »Ofenkammer« mit hoher Geschwindigkeit als ultraheißes Gas. Sie gehören zusammen mit den sogenannten Kaltgastriebwerken, in denen beispielsweise unter Druck stehender Stickstoff ausgestoßen werden, zu den besonders verlässlichen Triebwerken. »Kaltgastriebwerke und Resistojets sind einfach und kosten nicht viel, das macht sie erst einmal attraktiv«, sagt Stibrany. »Allerdings sind sie nicht besonders effizient.«

Das ist richtig. Wie leistungsfähig ein Treibstoff ist, lässt sich über die Geschwindigkeit angeben, mit welcher die Abgase die Düse verlassen – je schneller, desto besser. Dieser sogenannte Massenspezifische Impuls (ISP) wird ganz einfach in Meter pro Sekunde angegeben, wie beispielsweise die Windgeschwindigkeit.I Er macht klar, wie viel stärker chemische Treibstoffe im Vergleich zu unverbrannten Gasen sind. Die Abgase des verbrennenden Wasserstoff-Sauerstoff-Gemischs verlassen die Brennkammer des Vulcain-Motors der Ariane 5 im Mittel mit 4.248 Metern pro Sekunde. In simplen Kaltgastriebwerken liegt dieser Wert bei etwa 600 bis 700.361 Bei Resistojets ist es nicht viel besser. Das ist wie eine laue Brise im Vergleich zu einem Orkan. Allerdings lassen sich diese Antriebe nicht praktisch vergleichen. Schließlich ist das Vulcain gebaut worden, um eine Rakete ins All zu schießen. Kaltgasmotoren und Resistojets werden dagegen für die Lageregelung, also zum Drehen von Raumfahrzeugen eingesetzt. Resistojets gelten jedoch als Stromfresser und werden daher nur selten eingesetzt.362 Deep Space Industries setzt trotzdem darauf und hat ein solches Triebwerk entwickelt. Stibrany: »Es funktioniert, weil wir eine bessere Leistung erzielen als andere. Wir schaffen etwa 1.750 bis 1.950 Meter pro Sekunde.« Das ist nicht mehr weit entfernt von Hydrazin, einem gängigen Treibstoff für Satelliten-Triebwerke. Dieser Stoff zerfällt bei Hitze von selbst und stößt heiße Abgase mit etwa 2.000 Metern pro Sekunde aus der Düse. »Aber traditionelles Hydrazin ist ein extrem scheußliches Zeug. Es ist nicht nur giftig, sondern auch noch karzinogen und mutagen. Wir sind also etwa bei 80 Prozent der Leistungsfähigkeit von Hydrazin, aber bei 20 Prozent der Kosten.«

Ein Modell davon steht bei Deep Space Industries auf dem Besuchertisch im Eingangsbereich. Es passt in jeden kleinen Einkaufsrucksack und das muss es auch, denn es ist für Cube-Satelliten gedacht. »Es hat sich herausgestellt, dass dieses Antriebssystem eine Nische für Satelliten im niedrigen Orbit ausfüllt«, erzählt Stibrany. »Niemand baut einen kleinen Satelliten und befüllt ihn mit einem superteuren und giftigen Treibstoff. So etwas wird in großen, kommerziellen Kommunikationssatelliten verwendet. Für Betreiber kleiner Satelliten macht das keinen Sinn. Deshalb ist das Triebwerk nicht nur Teil unseres langfristigen Technologie-Plans, sondern deshalb verkaufen wir es außerdem.«

Warum nicht besser das Wasser elektrolytisch zerlegen, um damit einen viel besseren Wirkungsgrad zu erzielen? Schließlich gibt es Sonnenenergie en masse im Weltraum. Diese Idee ist einleuchtend, birgt jedoch einen unerwarteten Hintergrund. Denn dem Plan, Rohstoffe im Weltraum zu gewinnen, mangelt es laut Stibrany an Glaubwürdigkeit. »Das Problem ist: Es ist sehr esoterisch und schwierig, darüber zu sprechen, ohne sich dabei lächerlich zu machen«, meint Stibrany.



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