Golden Boy by Higson

Golden Boy by Higson

Autor:Higson
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-01-27T05:00:00+00:00


Carcass Row

Wolfgangs Kopf war mit einem Verband umwickelt; eine dicke Kompresse saß dort, wo einmal sein Ohr gewesen war. Sein Gesicht war aschfahl und die dunkel geränderten Augen glänzten fiebrig. Regentropfen liefen über sein Gesicht. Es sah aus, als ob er weinte. In der einen Hand hielt er eine Pistole, in der anderen eine Taschenlampe. Beide zitterten leicht.

Ludwig hatte die Hände in den Taschen vergraben. Der Zylinderhut, den er trug, hielt den ärgsten Regen ab. Mit seinem schmalen, hohen Schädel sah er aus, als sei er auf dem Friedhof zu Hause.

»Gib uns das Papier, James«, befahl er mit tonloser Stimme.

»Und wenn nicht?«, fragte James.

»Das kannst du dir dann aussuchen«, sagte Ludwig und zog die Hände aus den Hosentaschen. Zwei üble Waffen kamen zum Vorschein – Stummelrevolver mit kurzem Lauf, deren Griff als Schlagring diente.

Ludwig grinste. Seine Hände zitterten nicht. Sie waren ganz ruhig. Als er die Pistolen auf die beiden Jungen richtete, klappte ein schmales Bajonett vor der Mündung auf. Die Klingen waren kaum breiter als eine Stricknadel und liefen nadelspitz zu.

James schluckte heftig und wischte sich mit der Hand übers Gesicht. Er dachte an die Wunde in Petersons Auge. Das Letzte, das der Professor gesehen hatte, war vermutlich eine dieser Klingen gewesen, bevor sie sich in seinen Kopf bohrte.

»Sie sollten vorsichtig sein mit diesen Dingern«, sagte James. »Sie könnten sich leicht damit verletzen.«

»Sehr lustig«, entgegnete Ludwig. »Nun sei ein lieber kleiner Junge und gib uns das Blatt Papier.«

James steckte das Papier in seine Jackentasche.

»Pass auf, Ludo«, sagte Wolfgang heiser. »Vielleicht ist er bewaffnet.«

»Ich passe auf«, antwortete Ludwig gereizt. »Was glaubst du, was ich mache? Ich habe hier zwei verdammte Pistolen, die auf ihn gerichtet sind. Wenn er was aus seiner Tasche zieht, das gefährlicher ist als ein Kaninchen, werde ich ihn durchlöchern und auf seine Leiche spucken.«

In diesem Augenblick merkte James, dass Fairburns Brief mit dem binären Code noch immer in seiner Tasche steckte. Er brauchte ihn nicht mehr. Tommy hatte ihn abgeschrieben.

Er zerknüllte ihn und holte ihn hervor. »Hier«, sagte er und trat einen Schritt vor. Als Ludwig seine Hand nach dem Blatt Papier ausstreckte, warf James es so weit er konnte ins Gebüsch.

Ludwig seufzte. »Hol es, Wolf«, sagte er.

»Warum ich?«, fragte Wolfgang. »Lass den Jungen gehen. Er hat es schließlich weggeworfen.«

»Eine ausgezeichnete Idee«, sagte Ludwig sarkastisch. »Geradezu genial. Wir lassen den Jungen im Dunkeln danach suchen – und weg ist er. Du hast die Lampe. Also hol den Zettel.«

Wolfgang murmelte mürrisch vor sich hin, folgte jedoch der Anweisung seines Bruders.

Ludwig ging auf James zu, eine der beiden widerlichen Klingen war direkt auf dessen Gesicht gerichtet.

»Das hättest du wirklich nicht tun sollen, mein Junge«, sagte er. »So was macht mich ärgerlich.«

»Das war auch meine Absicht«, erwiderte James.

»James«, sagte Perry leise. »Ich g-glaube, du solltest den M-Mann nicht in Rage bringen.«

»Halt die Klappe, du stotternder Affe.«

»Hören Sie mal! N-Nennen Sie mich nicht Affe«, protestierte Perry.

Ludwig wollte gerade auf ihn losgehen, als sein Bruder rief: »Ich kann ihn nicht finden, Ludo.«

Ludwig schrie zurück: »Dann such weiter, du nutzloser Trottel!«

Genau in diesem Augenblick brach in dem Gebüsch ein Tumult los.



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