Gnadenlos by Simon Kernick

Gnadenlos by Simon Kernick

Autor:Simon Kernick [Kernick, Simon]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: GEReBOOKS
veröffentlicht: 2014-05-16T04:00:00+00:00


28

Geduckt schlich Daniels zum Schalter und knipste das Licht aus. »Alle auf den Boden«, flüsterte er. Er kroch durch das Halbdunkel und kauerte sich hinter das Verandafenster, von dem aus er die Auffahrt überblicken konnte. Langsam hob er den Kopf und spähte in die Dunkelheit.

Wir befolgten seine Anordnung. Ich verbarg mich hinter dem Sofa, und Kathy rutschte an der Wand hinunter und hockte sich auf den Hintern. Unsere Augen trafen sich für einen Moment, und im Zwielicht konnte ich die Angst in den ihren erkennen. Mehr jedoch nicht, weder Bedauern noch Sympathie, und sie wandte den Blick schnell wieder ab.

»Können Sie was erkennen?«, fragte ich Daniels flüsternd.

»Bis jetzt nicht, aber sie müssen irgendwo da draußen stecken.«

»Wie haben sie uns gefunden?«

»Machen Sie sich darüber jetzt keine Gedanken. Worauf wir uns jetzt konzentrieren müssen, ist, wie wir von hier verschwinden. Wo führt die Hintertür hin?«

»In den Garten, und der grenzt an den Wald«, erwiderte ich. »Aber da haben wir eine Ginsterhecke gepflanzt, um Neugierige fernzuhalten. Die ist ziemlich undurchdringlich.«

»Also kann man von hinten nicht an das Haus ran?«

»Durch das Gartenhäuschen kommt man in den Wald«, sagte Kathy. »Es befindet sich am Ende des Gartens, und wenn man durch das hintere Fenster klettert, landet man direkt im Wald.«

Währenddessen beobachtete Daniels weiter die Auffahrt. Langsam ließ er den Blick schweifen, bis er plötzlich innehielt und angestrengt in Richtung Kathys Wagen starrte.

»Haben Sie was gesehen?«, fragte sie mit zitternder Stimme.

Draußen goss es nach wie vor in Strömen.

»Ich weiß nicht«, flüsterte er, den Blick immer noch auf dieselbe Stelle gerichtet, »aber ich glaube, ja.«

Ich brauchte eine Waffe, brauchte irgendwas, falls es zum Äußersten kam. In der Küche gab es einen Satz japanischer Messer – Midges Kollegin war eine begeisterte Köchin –, die mussten reichen. Obwohl es schwierig war, sich vorzustellen, jemanden damit zu erstechen. Aber noch weniger wollte ich mir vorstellen, dass ich dabei das Opfer war. Vorsichtig kroch ich in die Küche.

Die Messer – insgesamt sechs – steckten in einem hölzernen Messerblock, der neben dem Herd auf der Arbeitsplatte stand. Ich schnappte mir das größte, ein Kochmesser mit einer zwanzig Zentimeter langen Klinge. Die Klinge war dünn, aber rasiermesserscharf. Ich hatte damit schon Fleisch und Gemüse geschnitten und wusste, wie gut sie war. Ich stellte mir vor, wie leicht sie ins Fleisch des sadistischen Schweins Mantani dringen würde und ertappte mich dabei, dieses Bild zu genießen. Ich bin kein grausamer Mensch und davon überzeugt, einen aufrichtigen Sinn für Gerechtigkeit zu besitzen, aber ich kann auch rachsüchtig gegenüber denen sein, die mir Unrecht angetan haben, und es gab keinen Zweifel, dass Mantani einen Platz ganz oben auf dieser Liste hatte. Er und mein alter Freund Jack Calley, aber der war inzwischen weit jenseits meiner Rachegelüste.

Ich packte das Messer mit der Linken und erhob mich; das Küchenfenster spiegelte schwach meine Silhouette wider. Kleine Rinnsale liefen in unregelmäßigen Mustern die Scheibe hinunter. Ich sah immer noch furchtbar aus, aber Kathy hatte mich noch nicht mal nach meinen Verletzungen gefragt. Es schien ihr egal zu sein. Offensichtlich war ich ihr schon lange egal, aber ich Trottel hatte nichts bemerkt.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.