Glut und Asche by James Lee Burke

Glut und Asche by James Lee Burke

Autor:James Lee Burke
Die sprache: deu
Format: epub, azw3
Herausgeber: Heyne Verlag


Kapitel 16

Als Anton Ling die Hintertür ihres Hauses öffnete, um die Katze hineinzulassen, konnte sie den Qualm in der von Regendunst erfüllten Luft riechen. Sie blickte hinauf zu den Bergen und sah im Schwarz des Sturms ein Feuer, das so rein und hell loderte wie die Flamme eines Schweißbrenners. Sie ging zum Telefon, wählte 911 und meldete das Feuer. Anschließend warf sie einen Feuerlöscher auf den Beifahrersitz ihres Trucks und raste auf der unbefestigten Landstraße zum Haus von Cody Daniels.

Als er sah, dass die Männer, die Dennis Rector in die Kapelle gefolgt waren, sich nicht die Mühe gemacht hatten, ihre Gesichter zu vermummen, ahnte Cody Daniels, dass sein Schicksal besiegelt war. Was er allerdings nicht ahnen konnte, war, mit welcher Brutalität sie zu Werk gehen würden. Als Erstes rissen sie den Samtvorhang der Bühne zurück, griffen Cody an Armen und Beinen und hoben ihn über ihre Köpfe in die Luft, wie es College-Kids bei einer Party im Verbindungshaus tun. Dann trugen sie ihn zu dem Holzkreuz, das er für das geplante Passionsspiel gebaut hatte. Sie lächelten, ganz so, als wäre Cody eingeweiht und die ganze Sache nur ein harmloser Scherz, an dessen Ende alle zusammen einen trinken gehen würden.

Das Sagen hatte nicht etwa Dennis Rector, sondern ein kleiner Kerl mit russischem Akzent. Das Kinn des Mannes war wie ein V geformt, seine Zähne hatten die Farbe von Fischschuppen. Seine Nase war hakenförmig, Wangen und Hals unrasiert. Er trug ein braunes Seidenhemd mit leicht geöffneter Knopfleiste, die den Blick auf eine skelettartige Brust und drei Goldketten freigab. Ein Filzhut saß lässig auf seinem Kopf. Sein Gesicht erinnerte an einen Ziegenbock oder an einen Kobold, auch wenn die lilafarbene Feder in seinem Hutband etwas von einem Casanova hatte.

»Hast du meinen Freund, den Preacher, in letzter Zeit gesehen?«, fragte er.

Die Männer hatten Cody auf der Bühne heruntergelassen. »Diesen Killer? Ich habe ihn einmal auf dem Anwesen von Miss Ling gesehen, aber ich kenne ihn nicht«, antwortete Cody.

»Nun, ich muss meinen Freund Preacher finden, und seinen Begleiter, einen gewissen Noie Barnum. Und ich denke, dass Miss Ling dir erzählt hat, wo sich die beiden aufhalten.«

»Nein, Sir, das hat sie nicht.«

»Warum sollte ich dir glauben?«

»Warum sollten Sie mir nicht glauben? Ich weiß nichts über diesen Barnum. Ich wünschte, ich hätte seinen Namen nie gehört.«

»Aber Temple Dowling kennst du, nicht wahr?«

»Auch diesen Namen hätte ich lieber nicht gehört.«

»Wusstest du, dass dieser Kerl ein Kinderschänder ist?«

»Nein.«

»Hat er dich nicht gebeten, ihm junge Mädchen zu suchen?«

»Über solche schändlichen Dinge will ich nicht sprechen.«

»Oh, glaub mir, mein Freund, du wirst noch über ganz andere Dinge mit uns sprechen. Wir haben die ganze Nacht Zeit.«

Cody spürte, wie er schluckte. Der Mann mit dem russischen Akzent saß in der ersten Reihe vor der Bühne. Er lächelte. Mit einer Geste seiner rechten Hand wies er seine Gefolgsleute an, das Kreuz flach auf die Bühne zu legen und Cody auf den Holzbalken auszustrecken und ihm die Schuhe auszuziehen. Cody hatte das Kreuz aus alten Bahnschwellen gezimmert, sodass ihm nun der derbe Geruch von



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