Glitterschnitter (German Edition) by Sven Regener

Autor:Sven Regener [Regener, Sven]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783462302608
Herausgeber: Kiepenheuer & Witsch eBook
veröffentlicht: 2021-09-09T07:00:00+00:00

Inhaltsverzeichnis

IV

Soundcheck

»So sieht’s jedenfalls aus!«, sagte Klaus am Ende seiner langen Ansprache und dann bekräftigte er noch einmal: »So sieht’s jedenfalls aus!«

»Wie sieht’s aus?«, sagte Erwin – nicht etwa, weil er nicht verstanden hätte, was Klaus meinte oder wie’s aussah oder was auch immer, sondern um ihn noch ein bisschen laufen zu lassen, den guten alten Klaus, denn das hier war, soviel war mal klar, Klaus’ letzter Tango im Café Einfall und Erwin wollte die Sache noch ein bisschen genießen, gleich sag ich’s, dachte er, gleich sag ich’s.

»Ich sag dir, wie’s aussieht«, sagte Klaus und hob einen Finger und stach damit durch die Luft in Richtung Erwin. »Ich sag’s dir!«

»Ja, nun sag’s aber auch.«

»Habe ich eigentlich aber eben schon. Sage ich schon die ganze Zeit.«

»Ja, okay, aber fass es nochmal zusammen. Vielleicht habe ich ja nicht richtig aufgepasst!«

»Okay, ich sag dir, wie’s aussieht: Wenn der hier arbeitet, wenn du mir den hier hinter den Tresen stellst, wenn ich mit dem Typen hier arbeiten soll, dann arbeite ich nicht.«

Es folgte ein kurzer Moment der Stille. Erwin, der gerade mit Helga in einer langen Filmnacht beide Teile von »Der Pate« gesehen hatte, schaute auf seine Fingernägel, um die Situation noch etwas zu dramatisieren. Dann sagte er: »Klaus, du bist raus!«

»Warum das denn?«

Erwin war kurz versucht, einfach nur »Egal, du bist raus, frag nicht!« zu sagen, weil bei Der Pate 1 und 2 ja auch nichts erklärt wurde, aber nun waren sie im Café Einfall um kurz vor sechs Uhr abends und Chrissie war dabei und Klaus, den Erwin telefonisch den ganzen Tag nicht erreicht hatte, stand hinterm Tresen, obwohl seine Schicht noch gar nicht angefangen hatte, und eine reine Der-Pate-1-und-2-Macht- und Konfrontationssause ließ sich ohne Gewalt schlecht durchziehen und Erwin hasste Gewalt, jedenfalls im richtigen Leben. Außerdem sollte Chrissie dabei etwas lernen, also inhaltlich, nicht nur Machtpositionen betreffend. Deshalb wechselte er nun Tonart und Genre und zählte die Punkte an den Fingern der linken Hand auf wie ein Buchhalter von der guten alten schwäbischen Alb: »Lass mal sehen: Weil ich dir a) gerade gesagt habe, dass Frank Lehmann hier heute Abend arbeiten soll, weil nebenan der Kram von H.R. und Glitterschnitter und der ArschArt ist und wir dann viele Leute hier haben werden, und weil du b) gesagt hast, dass du das scheiße findest, und ich c) gesagt habe, dass ich das aber so will, und du d) gesagt hast, dass ich dich mal am Arsch lecken kann, und ich e) gesagt habe, dass mir das wurscht ist, weil der kleine Lehmann hier heute Abend auf jeden Fall arbeitet, und weil du f) gesagt hast, dass du auf den keinen Bock hast und dass, wenn der hier arbeitet, du auf jeden Fall nicht arbeitest, deshalb bist du dann g) raus!«

»Ich geh dann mal«, sagte Chrissie.

»Nein«, sagte Erwin möglichst sanft, »bitte warte noch, liebe Nichte, es ist erst zehn vor sechs, du hast noch zehn Minuten Zeit!«

»Ich wollte mich eigentlich nochmal hinlegen, bevor das heute Abend mit dem Konzert losgeht!«

»Was hat das damit zu tun? Deine Schicht geht bis sechs, Chrissie.

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