Glück im Unglück by Constantin Schreiber

Glück im Unglück by Constantin Schreiber

Autor:Constantin Schreiber [Schreiber, Constantin]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783455016116
Herausgeber: HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH


Vertrauen und Freundlichkeit

Freundlichkeit ist in allen Ländern und Kulturen eine Tugend mit einer langen Tradition. Sie kann sich auf vielfältige Weise manifestieren: durch das, was manche Manieren nennen, also ein zuvorkommendes, rücksichtsvolles Verhalten etwa. Eine Form von Freundlichkeit ist, wenn wir jemandem helfen. Helfen ist ein grundlegendes menschliches Verhalten, schon bei kleinen Kindern. Wenn sie jemanden sehen, der weint, wollen sie den- oder diejenige trösten. Unzählige Menschen engagieren sich in Organisationen und Initiativen, die anderen Menschen helfen, Menschen, die Hunger leiden, die auf der Flucht sind oder die im eigenen Land keine Bleibe haben und auf der Straße leben müssen.

Warum tun wir das? Natürlich, weil unser Verstand uns sagt, dass das wichtig und richtig ist, um unser Gemeinwesen zusammenzuhalten und den Schwachen zu helfen. Aber es macht noch etwas anderes mit uns: Es macht uns glücklich. Denn die Freundlichkeit geht nicht nur in eine Richtung, sondern wird zurückgegeben in Form von Dankbarkeit. Das Wunderbare daran: Es scheint so zu sein, dass Freundlichkeit und Dankbarkeit sich gegenseitig verstärken. Wer freundlich ist und dafür Dankbarkeit erntet, schöpft daraus neue Kraft für neue Freundlichkeit.

Nun könnte man einwenden: Dann ist Freundlichkeit ja egoistisch. Dann helfe ich womöglich nur, damit ich dafür Dankbarkeit bekomme und das gute Gefühl, gebraucht zu werden. Ich nehme mir praktisch vor, positive Emotionen einzuheimsen.

Das ist in der Tat der Haken an der Sache. Wissenschaftler haben festgestellt, dass eine Hilfeleistung nur dann ihre positive Wirkung entfaltet, wenn sie aufrichtig und selbstlos erfolgt und nicht aus Eigennutz heraus. Das macht es natürlich schwierig, diese Emotion gezielt zu üben. Zumindest funktioniert es nicht mit der Herangehensweise: Ich helfe dir nur über die Straße, wenn du anschließend auch dankbar bist.

Dankbarkeit ist nur ein Aspekt des Helfens, der dazu führt, dass wir uns hinterher besser fühlen. Ein anderer ist, dass wir in nähere Beziehung zu einem Menschen treten. »Safe and connect« nennen das Psychologen. Zwei Grundpfeiler zwischenmenschlicher Beziehungen: sich jemandem verbunden fühlen, schafft ein Gefühl von Sicherheit und Nähe. Hinzu kommt, dass derjenige, der hilft, ein Erfolgserlebnis hat. Er spürt, dass er etwas bewirken, etwas zum Guten verändern kann. Wenn wir helfen, spielt sich in unserem Gehirn all das ab, was glücklich macht: Dopamin, Serotonin und Oxytocin werden ausgeschüttet und Stresshormone abgebaut. Eine kleine Geste der Freundlichkeit und Selbstlosigkeit kann damit eine ganze Menge positive Emotionen freisetzen.

Helfen kann man natürlich auf ganz verschiedene Weise. Ich kann jemandem die Tür aufhalten, oder ich kann mit einem Schiff übers Mittelmeer fahren, um Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Ist Hilfe gleich Hilfe?

Grundsätzlich ja, sagt die Wissenschaft. Schon sogenannte »Random acts of kindness« im Alltag, also »zufällige Taten von Freundlichkeit«, können uns positive Gefühle verschaffen. Und interessanterweise umso mehr, wenn wir uns an einem bestimmten Tag in der Woche oder im Monat vornehmen, Gutes zu tun. Studien haben gezeigt, dass ein »Freundlichkeitstag« mehr bringt, als jeden Tag ein bisschen zu helfen. Als ich davon las, war ich fasziniert und beschloss sofort, einen Selbstversuch zu unternehmen – der allerdings anders lief als geplant und ein rasches Ende nahm.

Ich wollte es im Herbst 2022 mit einem »Freundlichkeitstag« versuchen.



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