Gigantum by Eberhardt del’ Antonio

Gigantum by Eberhardt del’ Antonio

Autor:Eberhardt del’ Antonio [Antonio, Eberhardt del’]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Science Fiction, Roman, DDR
Herausgeber: Das Neue Berlin
veröffentlicht: 1957-12-15T00:00:00+00:00


Rainer schien in den folgenden Wochen sich selbst zu vergessen. Er bemerkte kaum die ersten Schneeflocken, die den Pfosten und Säulen kecke Mützchen überstülpten und ein dickes Wattetuch über die Scheiben des Glasdachs spannten. Selbst die Telefongespräche mit Lydia bereiteten ihm nur kurze Freude; ein flüchtiges Sinnen nach dem Gespräch, dann marschierten wieder die Zahlenkolonnen und lösten ihr Bild in nüchterne Formeln auf.

Am Tage pendelte er zwischen der Werkstatt, in der das Triebwerk hergestellt wurde, und den Zeichenmaschinen seiner Abteilung, auf denen die Einzelheiten des Triebwagens Gestalt gewannen. Oder er hockte hinter seinem Schreibtisch und formte aus mathematischen Ergebnissen neue Teile, benutzte das Elektronenhirn als Kompaß im Dschungel konstruktiver Schwierigkeiten.

Abends aber arbeitete er mit Heinzel in dessen Werkstatt und bereitete die Austauschteile für den Umbau der Hexe vor. Heinzel verging bald das spöttische Lächeln über den „handwerkelnden Weißkittel“. Es schien, als wüchsen Rainers Kräfte mit der Aufgabe. Die tiefe Befriedigung, die ihn erfüllte, wurde nur durch eine Spannung zwischen ihm und Bräuner getrübt, der ihm unter vier Augen oft zögerndes Verhalten vorwarf, ängstliche Überschätzung nebensächlicher Kleinigkeiten, und ihm prophezeite, daß der Termin nicht gehalten werden könnte, wenn Rainer nicht großzügiger verfahre.

Rainer war Bräuner deshalb nicht böse. So würde er gewiß auch denken, wenn er an Bräuners Stelle wäre. Aber auf ihm lastete die Verantwortung, und jetzt, wo er in großen Zügen schaffen, seiner eigenen Idee Gestalt verleihen konnte, wo das gesamte Projekt in seine Hand gegeben war, erkannte er die Bedeutung des Details, aus dem sich das Gesamtprojekt erst zusammensetzt.

Doch Bräuner das zu erklären, war unsinnig … Er selber hätte derartige Erörterungen früher auch abgelehnt.

Bräuner hatte Feuer gefangen und sich derart in die Sache verbissen, daß es ihm nicht schnell genug ging.

Auch in Rainer war ein banges Gefühl. Er trug die Verantwortung für die Arbeit einer ganzen Abteilung, für die umfangreichen staatlichen Mittel. Ob das Rennen mit dem Termin und damit das Rennen mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Treibstoffknappheit gewonnen wurde?

Und Lydia? Er mußte sich ihr ebenbürtig zeigen, auf seinem Gebiet etwas Vollwertiges leisten!

Die Spannung stieg mit jedem Tag, der den Triebwerksversuch näher brachte. Die Montage auf dem Prüfstand begann, hier wurden noch Kleinigkeiten der Versuchsanordnung geändert, dort ein Kabel verlängert oder eine Meßstelle umgesetzt.

Endlich kam der Tag, der die Richtigkeit ihrer Berechnungen erweisen mußte.

Früh schon versammelten sich die Kollegen auf dem Prüfstand. In den benachbarten Prüfstandsboxen donnerten die Versuchstriebwerke der anderen Abteilungen und spien ihre Flammendolche auf die Betonbahnen zwischen den Birken und verkrüppelten Heidekiefern, entfachten einen gewaltigen Sturm und beraubten die Umgebung ihres verträumten, glitzernden Winterzaubers.

Mehrere solcher Bahnen liefen von dem großen Prüfstandsgebäude hinweg in die Heide und brachen sich an mächtigen Sandwällen, wohlbegrenzt durch hohe Maschendrahtzäune, damit kein Unbefugter die Bahn kreuze und ein Spielball der grausamen Flammen werde.

Die Kollegen der Abteilung „Gigantum“ vernahmen nichts von dem Tosen der benachbarten Boxen, das gedämpft durch die gekachelten Wände und die offene Schiebewand der Boxe 9 hereindrang. Sie hatten sich mit Rainer um ihr Triebwerk versammelt, das, auf einem stabilen Bock befestigt, einem dicken Rohrstück ähnlich sah. Es hätte



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