Gestatten, mein Name ist Cox - Mord auf Gepäckschein 3311 by Becker Rolf A

Autor:Becker, Rolf A.
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Edel:eBooks
veröffentlicht: 2013-05-21T16:00:00+00:00

Ich hätte nun gerne die Ordensverleihung fortgesetzt, doch leider hatten wir dafür keine Zeit. Die vertrocknete Visage des Stewards hatte mir unangenehm in Erinnerung gebracht, dass wir praktisch barfuss auf glühendem Eisen standen. Wenn wir lebend von diesem Höllenkahn herunterkommen wollten, mussten wir unsere Gedanken zusammenhalten.

Aber, so drollig es auch klingt, es verlief alles ruhig. Kein Attentat, kein Mordanschlag, kein Rollkommando, das uns über Bord kippen wollte, keine plötzlich auftauchenden Schatten mit Maschinenpistolen, kein Ticken einer Höllenmaschine, nicht einmal eine Prise Strychnin im Frühstückskaffee.

Es war zwanzig Minuten nach neun, als wir an Deck der Jacht standen und Selim Gossarah die Maschinen stoppen ließ. Der Kapitän war von einer derart zuvorkommenden Liebenswürdigkeit, dass mir angst und bange wurde. Er zeigte uns die Isle de Croix, die etwa vierhundert Meter von uns entfernt wie ein großer brauner Pudding aus dem Meer ragte, und er bedauerte zutiefst, dass er nicht in der Lage sei, mit der ‘Seferihissa’ in den Hafen der Insel einzufahren.

„Sie verzeihen“, näselte er, „aber ich nicht möchte bekommen Kontakt mit Hafenbehörden. Möglich, vielleicht Ihr lieber Inspektor von Scotland Yard hat benachrichtigt französische Polizei. Und ‘Seferihissa’ ist schönes Schiff - es wäre sehr schade, wenn man sie an Kette legt, verstehn?“

„Und wie kommen wir an Land?«“

„Ich werde mir erlauben, Sie mit eine Beiboot übersetzen zu lassen, bittschön, wenn - äh ...“

„Wenn was?“

Sein fettes Gesicht zog sich in die Breite und bildete tausend kleine Querfalten um Mund und Augen. Diese Grimasse erhob offenbar Anspruch darauf, als freundliches Lachen gewertet zu werden, wirkte aber eher wie ein Rugbyball mit Ohren. „Nun, Mr. Cox,“ säuselte er in seinem verquetschten Diskant, „Sie wissen, ich war freundlich zu Ihnen, hab’ Ihnen alles gesagt, was ich weiß, habe Ihnen geholfen wie gute, alte Freund. Wenn Sie kommen werden nach London und Polizei fragt nach mir ...“

Aha! Daher wehte der Wind. Der Herr rechnete auf meine Fürsprache. Ich muss schon sagen, Selim Gossarah war ein Optimist. Aber was kümmerte es mich?

Ich schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter, sagte: „Schon gut, alter Seeräuber, ich werde ein Loblied auf Sie singen“, und wunderte mich maßlos, dass er mir glaubte.

Denn sofort ließ er eines der Beiboote zu Wasser bringen und half Elena und mir eigenhändig, das Boot zu besteigen. Es folgte Elenas Gepäck, ein Matrose, der uns an Land rudern sollte, und ab ging die Post.

Ich kann nicht sagen, dass uns der Abschied von der ‘Seferihissa’ sehr schwer fiel. Je weiter wir uns von der Jacht entfernten und je kleiner die dicke, uns mit kurzen Strampelarmen nachwinkende Gestalt des Kapitäns wurde, desto wohler fühlten wir uns.

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