Gespenster in Frankfurt by Jurij A. Treguboff

Gespenster in Frankfurt by Jurij A. Treguboff

Autor:Jurij A. Treguboff [Treguboff, Jurij A.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-09-01T17:00:00+00:00


EXODUS

Wieder bin ich in Einzelhaft. Ich sehe, daß alles durchwühlt worden ist. Man suchte in allen Ritzen, im Bett, hinter dem Fenster. Die Teekanne ist leer, also hat man auch da nachgesehen. Anscheinend haben sie die ganze Zeit gesucht, die ich fort war. In der Box und in der Zelle Nr. 37 bin ich ungefähr fünf Stunden gewesen.

Merkwürdig, die Zeichnung an der Wand ist nicht fort. Wie traurig! Wozu habe ich mich nur umgeblickt? Ich verzehre die restlichen Brote und schaue unverwandt die Mauer an. Das Band des Weges verschwindet hinter dem Horizont. Auf dem Weg bewegt sich ein Punkt, vielleicht kommt er auf ihren Befehl zurück, um mich zu holen...

Das Abendbrot wird gebracht. Schnell verschlinge ich alles, auch die Brotreste. Jetzt beginnt die schwerste Zeit bis zum Schlafengehen. Hinter dem Fenster, dort, wo das die Sicht versperrende schmutziggrüne Schild oben aufhört, wird der Himmel bleiern schwarz. Das Schild ist am unteren Ende durchgerostet. Jemand hat es sogar fertiggebracht, drei Buchstaben einzukratzen. Die Fenster dürfen im Sommer geöffnet werden, wenn die Vorgesetzten gnädig gestimmt sind und die Zelleninsassen sich nichts zuschulden kommen ließen. Doch die Zelle besteht nur aus mir allein, und ich habe die Obrigkeit stark erbost durch die Zeichnung, die ich nicht gemacht habe. Sommer ist es auch noch nicht, dementsprechend wird das Fenster zu bleiben. Durch das Glas sehe ich die drei Buchstaben: B, K und D. Ist das ein Name oder bedeuten sie etwas anderes?

Im Hof flammen die Lampen auf, und in der Zelle wird das Licht angemacht. Der Himmel ist schwarz wie Kohlepapier. Entsprechend seiner Schwärze kann man die Zeit bestimmen, wenn man die Finsternis mit dem elektrischen Licht kombiniert. So kann man feststellen, wie lange man noch bis zum Schlafengehen leiden muß. Ein weißer Lichtfleck kriecht über die Wand. Längst habe ich diese Wand genau studiert. Bei einer oberflächlichen Betrachtung scheint sie scharf zweifarbig zu sein, der untere Teil, etwa 150 cm vom Fußboden, in dunkelgrüner Ölfarbe, und dann weiter bis zur Decke eine weiße Wand, von dem unteren Teil durch einen braunen Strich getrennt. Der obere, weiße Teil der Mauer ist in Wirklichkeit nicht eintönig, er hat dunklere und helle Flecken, und daran, wie sich der weiße Lichtfleck bewegt und die hellen Halbschatten passiert, kann ich ungefähr die Zeit feststellen.

Durch die Fensterscheibe klingt bravouröse Radiomusik. Das Radio spielt in der Küche, und wenn das Fenster offen ist, hört man, wie unten das Geschirr klirrt, kreischende weibliche Stimmen und einen männlichen Vorgesetztenbaß, manchmal auch befehlsgewohnte Stimmen, offensichtlich Militärs. Einige Male, wenn ich zum Spaziergang geführt wurde, begegnete ich diesen Küchenweibern, roten, fetten Kadavern in schmutzigen weißen Kitteln.

Jetzt ist es neun Uhr, schlafen darf man erst um elf.

Ich erinnere mich, daß ich die blutsaugende Spinne völlig vergessen habe, dabei sitzt sie schon lange unter der Decke und streckt ihre Pfoten nach meinem Herzen aus. Wie konnte ich sie bloß vergessen?

Die Tür öffnet sich und die bekannte Dreieinigkeit tritt ein. Wütend verzieht der Offizier seine Lippen.

‚Haben Sie sich entschlossen, uns zu sagen, wo Sie die Kohle



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