Geschichte der Welt Die Welt vor 600 by Iriye Akira & Osterhammel Jürgen & Gehrke Hans-Joachim
Autor:Iriye, Akira & Osterhammel, Jürgen & Gehrke, Hans-Joachim
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Allgemeines, Nachschlagewerke
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2017-09-18T16:00:00+00:00
Glanz und Gefährdung: Flavier, Adoptivkaiser und Severer
Mit den Bürgerkriegen des Vierkaiserjahres war das Kernproblem des Kaisertums erfahrbar geworden. Es zeigte sich aber danach ebenso, dass das System funktionierte, wenn sich der Sieger – Augustus vergleichbar – der Aufgabe gewachsen zeigte, sich als Herrscher zu bewähren.[178] Vespasian (69–79), der sich besonders auf militärischem Gebiet ausgezeichnet hatte, zeigte vor allem administratives Geschick in der Ordnung der angespannten Finanzlage. Er stand für das dynastische Prinzip, denn er hatte zwei erwachsene Söhne, die beide überdies tüchtig waren. Dennoch lief unter dem jüngeren, Domitian, der auf seinen nur zwei Jahre nach dem Machtantritt verstorbenen Bruder Titus gefolgt war (81), wieder einiges schief, gerade in der Kommunikation mit den Senatoren. Auch dieser Kaiser war mit einer Verschwörung konfrontiert – was in der Regel mangelnde Akzeptanz signalisierte – und tendierte mindestens danach zu einem autokratischem Kurs, ähnlich wie Caligula und Nero. So galt auch er als «schlechter Kaiser» und fiel schließlich einem Mordanschlag zum Opfer (96).
Danach schien sich die Katastrophe von 69 zu wiederholen. Der nach dem Ende der flavischen Dynastie ausgewählte Kaiser, Cocceius Nerva, war wie Galba ein Mann des Senats, ein anerkannter Jurist und angesehener Aristokrat.[179] Er fand aber nicht die Zustimmung der Soldaten. Insbesondere bei den Prätorianern drohte offene Meuterei. Anders als Galba wählte Nerva in der kritischen Situation jedoch einen geeigneten Nachfolger, den er adoptierte und an der Regierung beteiligte. Es war der aus Spanien stammende Ulpius Traianus, ein Senator von Format, der sich auch militärisch bewährt hatte und die Soldaten nicht nur unter Kontrolle hielt, sondern auch als Kommandeur beeindruckte. Mit seiner Regierung (98) begann die erfolgreichste und stabilste Epoche des Prinzipats.
Das lag gewiss auch daran, dass er in einer sehr aktiven, auf direkte Herrschaft gerichteten Politik das Reich erheblich vergrößern konnte und dass er dabei die Soldaten von Erfolg zu Erfolg führte. Neue Provinzen wurden, meist im Zuge größerer militärischer Operationen, dem Reich hinzugefügt, vor allem Dakien und Mesopotamien. Das Reich der Parther war bedroht, und gerade die Präsenz im Osten gemahnte einmal mehr an Alexander und die ‹reale› Weltherrschaft. Bezeichnenderweise hatte Trajan sogar Indien im Blick und soll eine Flotteneinheit im Roten Meer (wahrscheinlich ist damit der Persische Golf gemeint) stationiert haben.[180]
Noch wichtiger aber war, dass Trajan bei allen relevanten Gruppen im Staat Anerkennung fand und schließlich sogar über seinen Tod hinaus als besonders guter Kaiser (optimus princeps) galt. Hinter dem Erfolg steckte auch eine Grundidee des Kaisertums, in der sich der Herrscher und die Senatsaristokratie einig waren. Weiterhin blieb die Dynastiebildung durch Adoption das gegebene Mittel, um die Kluft zwischen der Vererbung von Vermögen und Prestige und der legalen Übergabe der Amtsgewalten zu überbrücken. Auf diese waren die ersten drei Kaiser, Trajan, Hadrian (117–138) und Antoninus Pius (138–161), schon deshalb verwiesen, weil sie keine leiblichen Söhne hatten. Obwohl sie die Auswahl durchaus im Kreise ihrer näheren Verwandten trafen, gelang es ihnen, die Adoption mit der Idee der Auswahl des Besten zu verbinden, die, wie wir sahen, gerade im Kreise der stark stoisch geprägten Eliten in senatorischen Kreisen verbreitet war. In diesem Sinne heißen die Herrscher dieser Epoche auch Adoptivkaiser.
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