Geschichte Afrikas by Ansprenger Franz
Autor:Ansprenger, Franz
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406615306
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2016-05-16T16:00:00+00:00
VIII. Kattun, die Bibel und das Maschinengewehr. Koloniale und missionarische Eroberung
Zwei Fragen stellen sich mit diesem Kapitel. Zuerst: Was veranlasste die Regierungen Westeuropas, um das Jahr 1880 ziemlich abrupt die bequeme und sparsame Politik des informal empire, des «Freihandels-Imperialismus» ad acta zu legen und sich in einen scramble for Africa zu stürzen? Scrambled eggs sind bekanntlich ein Produkt, das man nach einem klugen englischen Sprichwort niemals wieder unscramble kann – und so ist es auch Afrika ergangen. Die Auswirkungen kolonialer Eroberung und Herrschaft ließen sich durch die Befreiungsbewegungen des 20. Jahrhunderts nicht rückgängig machen. Deshalb dürfen, müssen wir nach den europäischen Motiven für imperialistische Expansion fragen. Im Rahmen der afrikanischen Geschichte ist freilich die zweite Frage wichtiger: Wie haben die Afrikaner diesen Vorstoß der Europäer verstanden, wie haben sie darauf reagiert?
Ich sehe kein zwingendes Motiv irgendeines Staates in Europa, Ende des 19. Jahrhunderts in Afrika auf Eroberungen auszugehen. Es gab auch keinen eindeutigen Schrittmacher, sondern eine Art Domino-Effekt, der vom Umgang der Großmächte mit der «orientalischen Frage» ausgelöst wurde – soll heißen: von ihrer Gier, das sieche Osmanische Reich auf dem Balkan, in Nordafrika und im arabischen Vorderasien zu beerben. Das Frankreich des Empereur Napoleon III. (auf seine Machtpolitik wurde ursprünglich der Begriff «Imperialismus» gemünzt) betreibt den Bau des Suezkanals; England nimmt sich 1879 zur Vorsicht Zypern; Frankreich legt 1881 seine Hand auf Tunis, England okkupiert ein Jahr später Ägypten. Frankreich beschäftigt Offiziere seiner 1870 geschlagenen Armee damit, von Senegal und anderen Küstenplätzen aus Westafrika zu erobern. Inzwischen konzentriert Leopold II., Spekulant großen Stils auf dem kleinen belgischen Thron, seine vorher weltweit umherschweifenden Kolonialpläne auf das Kongobecken – natürlich nur, «um endgültig das Banner der Zivilisation auf dem Boden Zentralafrikas aufzupflanzen», wie er so schön zur Eröffnung einer Geographen-Konferenz in Brüssel 1876 sagte, und im Namen einer internationalen Öffentlichkeit, die er bei dieser Gelegenheit bat, «ihr Scherflein beizutragen» [zitiert nach Van Zuylen 1959:515]; Stanley, der 1874–77 den Lauf des Kongostroms erkundet hatte, legt 1879–84 für Leopold die Fundamente des «Unabhängigen Kongostaates», von dem ein belgischer Kritiker später schreibt: «Der Kongostaat ist keineswegs ein kolonisierender Staat, er ist überhaupt kaum ein Staat: er ist ein Finanzunternehmen. Die Hauptinteressen derer, die ihn regierten, waren pekuniärer Natur. Die Steuerleistung erhöhen; die natürlichen Reichtümer rasch ausbeuten … Alles übrige war nebensächlich. Die Kolonie wurde weder im Interesse der Eingeborenen verwaltet, noch im wirtschaftlichen Interesse Belgiens. Sie sollte dem königlichen Souverän ein Maximum an Einnahmen bringen.» [Cattier 1906:341].
Hier haben wir ein handfestes privates Motiv – und zwei politische dazu für die beiden erwähnten Großmächte: England sichert den neuen Seeweg nach Indien [vgl. Robinson&Gallagher 1963], Frankreich leckt seine Wunden. 1884 bekehrt sich Reichskanzler Otto von Bismarck zum Kolonialenthusiasmus eines kleinbürgerlichen Segments der deutschen Öffentlichkeit und lässt den Bremer Tabakhändler Adolf Lüderitz (1834–86) in Namibia, Peters in Ostafrika sein Glück als Eroberer versuchen, während der Forschungsreisende – seit 1861 – Gustav Nachtigal (1834–85) im Juli 1884 als Kaiserlicher Kommissar vom Kriegsschiff «Möve» aus die Reichsflagge in Togo und Kamerun hisst. Keiner dieser deutschen Kolonialpioniere (wie man sie nannte) wurde reich wie Leopold II.
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