Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils by Nylund Eric

Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils by Nylund Eric

Autor:Nylund, Eric [Nylund, Eric]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: PeP eBook
veröffentlicht: 2010-05-03T22:00:00+00:00


42

Noch einen Tag zu leben

In dem Augenblick, als sie den Faden berührte, wusste Fiona, dass etwas nicht stimmte.

Zuerst war sie besorgt gewesen, dass sie sich auf die Art und Weise darauf konzentrieren würde, wie Onkel Aaron es ihr gezeigt hatte, und versehentlich damit schneiden würde. Aber es war ganz anders gewesen. Die Art, auf die sie sich hier konzentrieren sollte, war eigentlich gar keine Konzentration; es war eher so, als würde man das Gesicht in dem Versuch an ein trübes Fenster pressen, besser nach draußen sehen zu können.

Ihr Faden hing durch. Er schrumpfte vor ihren Augen.

Fiona stellte sich vor, dass eine warme Flüssigkeit zwischen ihren Fingern pulsierte. Dann gerann sie und kühlte sich langsam ab.

Es war Blut. Ihr Blut.

Blut, das bald vergossen werden würde.

»Es tut mir leid«, flüsterte Dallas, so leise, dass nur Fiona es hören könnte. »Noch einen Tag. Vielleicht ein wenig länger. Er sagt, dass du so viel noch übrig hast.«

Fiona schaute auf. Alle sahen sie seltsam an.

»Ich verstehe nicht. Einen Tag, bis was geschieht?«

Aber sie wusste es. Das Tick-Tack, das in ihrem Leben noch übrig war, war kristallklar am Faden aufgereiht und ausgemessen. Und dann hörte es auf.

»Die Fäden haben sich schon geirrt«, sagte Dallas und wandte sich zu Großmutter um. »Mindestens ein oder zwei Mal.«

Fiona nahm den Faden in Augenschein. Er war wieder nur ein Stück Garn. Kein Blut. Keine Vorzeichen eines drohenden Verhängnisses. Und doch hatte sie den Geschmack von Asche im Mund. Sie ließ den Faden fallen und sah zu, wie er spiralförmig zu Boden schwebte.

Einen Tag noch? Vielleicht ein bisschen länger? Das war nichts. Und das jetzt, da alles sich ändern sollte – eine neue Familie, Robert … Dinge, von denen Fiona ihr ganzes Leben lang nur zu träumen gewagt hatte.

Wie konnten sie das geschehen lassen? Großmutter und Cee starrten sie hilflos an. Es kümmerte sie nicht. Sie hätten etwas tun können, um das hier zu verhindern. Wenigstens hätten sie es versuchen müssen.

Und Dallas? Fiona wünschte sich, sie hätte sie nie kennengelernt.

Nur eines konnte ihr jetzt helfen.

Fiona rannte in ihr Zimmer. Sie knallte die Tür zu und verschloss sie.

Sie warf ihre Büchertasche hin, griff hinein und packte eine Handvoll Trüffel. Dann stopfte sie sich alle in den Mund. Sieben oder acht: Bitterschokolade, weiße und Milchschokolade, Toffees, Zitrone und Vanille, Haselnuss und Karamell.

Sie kaute und kaute und erstickte beinahe, als sie schließlich zu schlucken versuchte.

Ihr Puls hämmerte, und ihr Blut dröhnte wie eine Flutwelle – aber die Panik und der Zorn in ihrem Inneren wurden nicht schwächer.

Sie schlug in einer letzten vergeblichen Geste mit den Fäusten auf ihren Schreibtisch und sackte dann zusammen.

Wollte sie so ihren letzten Tag verbringen? Mit Temperamentsausbrüchen und Pralinenorgien?

Sie hörte ein Klopfen – nicht an ihrer Tür, sondern an der Vordertür der Wohnung. Es ertönten Schritte und neue Stimmen im Esszimmer.

Nach einem Augenblick klopfte es sacht an ihrer Tür.

»Fiona«, flüsterte Eliot. »Ich bin’s. Geht es dir gut?«

Das war eine gigantisch dumme Frage, aber Eliot hatte das Herz auf dem rechten Fleck.

Sie versuchte zu antworten, aber ihre Kehle war von der Schokolade zu ausgetrocknet.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.