Geisterfjord. Island-Thriller by Yrsa Sigurdardóttir

Geisterfjord. Island-Thriller by Yrsa Sigurdardóttir

Autor:Yrsa Sigurdardóttir
Die sprache: de
Format: mobi
ISBN: 9783104014333
Herausgeber: Fischer e-books
veröffentlicht: 2011-07-27T22:00:00+00:00


17. Kapitel

Die Wolken schienen alle im selben Moment zu bersten, weil sie ihr Gewicht nicht mehr tragen konnten – eben war draußen noch alles ruhig gewesen, und jetzt tobte ein Schneesturm. Der Schnee schluckte sämtliche Geräusche, so dass der Fluss und das Rauschen der Wellen nicht mehr zu hören waren. Im ersten Moment waren sie erleichtert, dass sie die Umgebungsgeräusche nicht mehr hörten und nicht bei jedem Knacken des undichten Hauses zusammenzuckten, aber dann beschlich sie ein ungutes Gefühl. Die zugenagelten Fenster machten es noch schlimmer, denn dadurch hatten sie nur noch zwei von fünf Sinnesorganen und bekamen nicht mehr mit, ob sich draußen jemand herumtrieb.

»Ich würde gerne noch eine rauchen.« Líf schwenkte ihren Zeigefinger immer wieder durch die Flamme der Kerze, die auf dem alten Esstisch stand. Sie hatte eine angebrochene Packung Winston in der Küche gefunden und trotz Katríns lautstarker Proteste eine Zigarette herausgenommen. Katrín fand es schon schlimm genug, dass sie eine der Kerzen abbrannten, die in flachen, kupfernen Kerzenständern überall im Haus verteilt standen, und höchstwahrscheinlich so weitermachen würden, bis nur noch Kerzenstümpfe übrig waren. Aber das ließ sich immerhin durch die dringende Notwendigkeit rechtfertigen, im Gegensatz zu Lífs Raucherei, die sie eigentlich längst drangegeben hatte. »Kommt ihr noch mal mit zur Tür?«

»Nein.« Katrín würde Líf bestimmt keinen Gefallen tun, nachdem sie einfach abgehauen war und sie mit der unheimlichen Stimme hinter der Hausecke alleine gelassen hatte. Aber es war nichts passiert, der Besitzer der Stimme war nach seinen vagen Drohungen einfach verschwunden, und Katrín hatte mit zitternden Gliedern und Putti neben sich in der geräuschlosen Nacht gehockt, bis Garðar und Líf angelaufen kamen. Líf war Garðar bei ihrer Flucht in die Arme gerannt und hatte ihm keuchend von ihrem Erlebnis erzählt. Er war sofort losgestürmt, ohne zu wissen, was ihn beim Arzthaus erwarten würde. Als er sah, dass Katrín unverletzt war, marschierte er wütend und mit energischen Schritten um die Ecke, um dem verrückten Rotzbengel ein für alle Mal tüchtig den Kopf zu waschen. Aber es war niemand da, was Katrín nicht überraschte – der Junge war vor ein paar Minuten gegangen, und da er die Gegend tausendmal besser kannte als sie, war es zwecklos, ihn zu suchen. Außerdem lud die Dunkelheit nicht gerade zu Heldentaten ein.

»Ich verstehe nicht, wie wir vergessen konnten, Kerzen mitzunehmen«, murmelte Garðar immer wieder in regelmäßigen Abständen vor sich hin. »Ich könnte schwören, dass ich beim Einkaufen noch nicht mal an die Existenz von Kerzen gedacht habe.«

»Bitte, kommt doch mit! Ich will nicht alleine gehen«, sagte Líf und zog ihre Hand zurück, da sie ihren Finger versehentlich zu langsam durch die Flamme geführt hatte. Sie schüttelte ihn hektisch und steckte ihn dann in den Mund. »Draußen ist es bestimmt wärmer als hier.«

Im Haus war es eiskalt. Nachdem Garðar überprüft hatte, dass sich niemand hinterm Haus versteckte, waren sie alle so versessen darauf gewesen, reinzukommen und die Tür hinter sich abzuschließen, dass sein Vorschlag, noch mal gemeinsam zurückzugehen, um Brennholz zu holen, nicht auf Zustimmung gestoßen war. Und jetzt, bei dem Schneegestöber, stand das sowieso nicht mehr zur Debatte.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.