Gefangene der Versuchung (German Edition) by Nora Hamilton

Autor:Nora Hamilton [Hamilton, Nora]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Edel:eBooks
veröffentlicht: 2015-01-20T16:00:00+00:00

Zwölftes Kapitel

In der Nacht wurde Susan durch ein plötzliches Geräusch geweckt. Es schien, als klopfe etwas gegen die hölzernen Läden, die Margaret aus Angst vor einem neuen Unwetter fest verschlossen hatte.

Lord Duncan hatte ihnen Bettstellen in die Kammer bringen lassen. Nun, es war nicht das mit einem Baldachin bestückte Bett vom Anfang ihrer Gefangenschaft, doch Susan war gottfroh, nicht mehr auf dem stinkenden Strohsack liegen zu müssen.

„Tock, tock, tock.“

Da war wieder das Geräusch. Susan setzte sich auf. „Tock, tock, tock.“

War das ein Zeichen von George? Sie stand auf, öffnete vorsichtig die Fensterläden und lauschte in die Nacht.

„Susan“, rief jemand nahe bei ihr, und Susan erkannte die Stimme Roberts.

„Was ist?“, rief sie barsch. „Hast du mich geweckt, um mich zu verhöhnen? Wolltest du mir persönlich sagen, dass du morgen meinen Vater zu töten gedenkst, damit du der Ehegemahl der Lady Duncan werden kannst? Ich will nichts hören von dir. Ich will dich nicht sehen. Verschwinde, Robert Peacock, und lass mich in Ruhe schlafen.“

„Susan, nur auf ein Wort. Ich muss dir etwas erklären,...“

„Spar dir deine Worte für deine Liebste auf. Ich habe kein Interesse an verlogenem Gesäusel.“

„Susan, es ist nicht, wie du denkst. Lass mich dir alles erklären.“

„Ich brauche deine Erklärungen nicht. Mir ist bereits alles klar. Und jetzt lass mich schlafen, damit ich morgen früh ausgeruht genug bin, um deine Wäsche zu waschen.“

Mit Schwung warf sie die Läden zu und kroch zurück ins Bett.

„Was war das?“, fragte Margaret, die noch nicht geschlafen, sondern voller Sorge an Thomas gedacht hatte, der ebenfalls morgen in die Schlacht ziehen würde.

„Hab keine Angst, meine Liebste“, hatte er sie am Abend zu beruhigen versucht. „Ich werde versuchen, Einfluss zu nehmen, damit so wenig Blut wie möglich vergossen wird.“

„Das Wichtigste ist, dass du gesund zu mir zurück kehrst“, hatte sie geantwortet, und dabei zum ersten Mal nicht zuerst an Susan und Lord McLord, sondern an sich gedacht.

„Es war nichts“, erwiderte Susan. „Nur ein Vogel, der sich ins falsche Nest verirrte hatte.“

Sie sah nicht, dass Margaret lächelte, sondern kuschelte sich in ihr Bett, stieß noch einen tiefen Seufzer aus und dann sprach sie in Gedanken ein langes Abendgebet.

Sie schlief unruhig in dieser Nacht und wurde von bösen Träumen, in denen immer auch der Tod eine Rolle spielte, geplagt.

Als sie noch vor Morgengrauen von dem Lärm im Burghof geweckt wurde, war sie unausgeschlafen und hatte einen schmerzenden Kopf.

Trotzdem stand sie auf, öffnete das Fenster und sah angstvoll dem Zug der bewaffneten Männer zu.

Es mussten an die Vierzig sein. Fast alle trugen Kettenhemden und Helme oder Brustpanzer und Schilde. Auch einige Pferde waren durch eiserne Panzer geschützt. Susan sah Langbogen und Lanzen, Hellebarden und sogar ein paar Hakenbüchsen. Robert saß auf einem schwarzen Hengst, der unruhig schnaubte. In der einen Hand hielt er die Fahne mit dem Wappen der Duncans.

Er führte den Zug an. Groß und stolz saß er auf dem Pferd, doch Susan hielt sich nicht damit auf, ihn zu bewundern. Ihre Augen suchten nach George, und endlich entdeckten sie ihn.

Er saß auf der Apfelstute, die Susan aus dem Stall ihres Vaters kannte.

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