Gebunden: BDSM-Short Stories (German Edition) by T.S. Bordemé & Tomasz Bordemé

Gebunden: BDSM-Short Stories (German Edition) by T.S. Bordemé & Tomasz Bordemé

Autor:T.S. Bordemé & Tomasz Bordemé [Bordemé, T.S.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-12-03T23:00:00+00:00


2

Schweigend durchschritten wir den Eingang zur Hölle, der sich als verblüffend langer, nur von seinen weiß glühenden Wänden erhellter Gang entpuppte. Eine mörderische Hitze schlug uns entgegen, und ohrenbetäubendes, schrilles Kreischen erfüllte die Luft, die die Konsistenz von flüssigem Blei zu haben schien. Trotzdem hörte ich Aulak klar und deutlich, als er mir zu raunte: »Halt dich nahe bei mir.«

Das hätte ich auch ohne seine Ermahnung vorgehabt. Mein Begleiter, der inzwischen etwa so aussah, wie Charlton Heston in ›Die Zehn Gebote‹ (inklusive offensichtlich feuerfestem Vollbart), und genauso energisch voranschritt, wie jener in seiner Rolle als Moses, der die Israeliten durchs Rote Meer führte, war zu meiner einzigen Sicherheit in diesem nervenzerfetzenden Wahnsinn geworden.

Ich stupste ihn zaghaft an. »Aulak, dieser Torwächter …«

»Ja?«

»Er hat das Formular nicht gelesen, oder?«

»Nein.«

»Das heißt, die Menschen stehen jahrzehntelang an, füllen die vielen Fragen mit ihrem eigenen Blut aus, und dann liest es niemand?«

»Genau.«

»Warum?«

Jetzt blieb Aulak überrascht stehen und schaute mich an. »Du fragst ›warum‹? Du fragst nach dem Sinn einer bürokratischen Maßnahme? Ich nehme an, du kommst selber auf die Antwort, wenn du einen Moment nachdenkst.«

»Weil … weil es Vorschrift ist?«, versuchte ich nach kurzem Überlegen.

»Genau!«, lachte Aulak, offensichtlich kein bisschen irritiert über diese unglaublich menschenverachtende Bösartigkeit und ging weiter.

Ich blieb fassungslos wie angewurzelt stehen. Das konnte doch einfach nicht wahr sein!

Natürlich merkte der Dämon nach wenigen Schritten, dass ich zurück geblieben war, und drehte sich um. Sein Arm wurde blitzartig unglaublich lang und dünn, seine Hand schloss sich um meinen Hals, und er riss mich grob zu sich. »Ich habe dir befohlen, nahe bei mir zu bleiben«, zischte er böse und ließ ein paar spitze Reißzähne und seine gespaltene Zunge sehen. Beides wirkte seltsam im Gesicht von Moses, das er immer noch aufgesetzt hatte. »Diese Leute sind Sünder«, fuhr er fort, bevor ich etwas sagen konnte, »Sie wollen in die Hölle. Was kümmert es dich, wenn das ein wenig unangenehm und mit Ausfüllen von sinnlosen Formularen verbunden ist? Niemand hat sie gezwungen, ein sündiges Leben zu führen. Und niemand zwingt sie, zur Hölle zu gehen.«

Seine Argumentation erschien logisch, aber doch wirkte sie irgendwie falsch auf mich. Ja, wir waren vielleicht Sünder, aber wir hatten ja nicht genau gewusst, was wir uns damit einhandeln. Ein paar dunkle Andeutungen in der Bibel, ein paar Gemälde von Hieronymus Bosch und Anderen, sowie Dantes Reiseführer durch die Hölle war alles, was wir darüber wissen konnten. Und das alles hatte nicht wirklich glaubwürdig gewirkt. Nichts hätte mich auf das vorbereiten können, was ich jetzt erlebte, bzw. eben nicht mehr erlebte. Und ich war noch privilegiert. Ich hatte nicht anstehen müssen, weil ein mächtiger Dämon mich unterstützte.

Warum eigentlich? Wieso hatte ich einen persönlichen Begleiter, aber all die anderen Verdammten nicht?

Doch ich konnte diesen Gedanken nicht weiterspinnen, denn jetzt war der Gang zu Ende. Übergangslos, ohne irgendeine Tür oder Vorhang oder dergleichen, wurde es gleißend hell um uns, und wir standen in einer Halle gigantischen Ausmaßes. Schnell drehte ich mich um, doch der Korridor, durch den wir eben eingetreten waren, war verschwunden.



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