Gebrauchsanweisung für die Türkei by Alanyali Iris
Autor:Alanyali, Iris [Alanyali, Iris]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Reise
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 2015-05-28T16:00:00+00:00
Glaube ist gut, Aberglaube ist besser
Bismillahirrahmanirrahim – im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Erbarmers.
Oder: auf die Plätze, fertig, los. Diese Formel steht nicht nur am Anfang fast jeder der 114 Suren des Koran. Mehr oder weniger gläubige Türken murmeln die Einleitungsformel besmele vor jeder Tat, die sie unter Gottes Segen gestellt wissen möchten: bevor sie aufstehen oder zu Bett gehen, den Bus für eine große Reise besteigen oder das Flugzeug an ihrem Ziel verlassen, einen Wettkampf antreten oder ein Gericht in den Ofen schieben. Es steht am Anfang religiöser Bücher ebenso wie vor Heiratsanzeigen gottesfürchtiger Moslems, und hat sich so ein Paar gefunden, lässt es sich mit einem »Bismillahirrahmanirrahim!« in die Kissen sinken, damit sich die eheliche Anstrengung auch lohnt und Nachwuchs bringt.
Angesichts des Terrors islamistischer Fundamentalisten wird oft vergessen, dass den meisten Moslems, und ganz besonders den Durchschnittstürken, ihre Religion Alltag ist und nicht terroristischer Ausnahmefall. Dass sie von gefährlichen Wirrköpfen ebenso nur aus der Zeitung hören wie von dem haarsträubenden Unterrichtsstoff mancher Koranschulen. Dass viele türkische Moscheen, die selbst freitags nur von einem Drittel der Türken besucht werden, mit ähnlichen Problemen kämpfen wie deutsche Kirchen, die nur an Weihnachten genug Besucher finden. Dass Beruf und Fernsehen die Regeln des Miteinander bestimmen und nicht mehr der Koran.
Die meisten Türken begleitet Gott ganz entspannt durch den Tag. In unzähligen Höflichkeitsformeln taucht er auf, ähnlich deutschen Ausdrücken wie »Grüß Gott« oder »Gott sei Dank«, nur dass er noch viel präsenter und sozusagen durchaus persönlich gemeint ist, wenn es zum Beispiel »Aman Allah!«, »mein Gott!«, heißt. Zwar ist Allah niemals ein alter Mann mit Rauschebart, sondern gewissermaßen pantheistisch unfassbar, aber dafür eben auch überall und in allem und durch alles. Der Islam unterscheidet nicht zwischen profanem und sakralem Lebensbereich. Nur zwischen Dies- und Jenseits, doch selbst wenn das Paradies naturgemäß in den schillerndsten Farben gemalt wird, ist doch auch das Hier und Jetzt Gottes Werk und soll gefälligst entsprechend gewürdigt werden. So muss der gläubige Moslem, wenn er gewissenhaft ist, zwar zahlreiche Vorschriften beachten und immerhin fünfmal am Tag beten, aber Gott und sein Prophet, der Kaufmann Mohammed, haben zum Beispiel durchaus Verständnis dafür, wenn gravierende Umstände wie seine Berufstätigkeit (Krankheit, Alter und Reise sowieso) einen Gläubigen vom Gebet abhalten. Und weil weltliche Freuden auch als gottgegeben gelten, ermuntert der Koran die Gläubigen nicht nur dazu, menschlichen Regungen ruhig nachzugeben und bewusst zu genießen (gutes Essen etwa), sondern begrüßt es zum Beispiel ausdrücklich, wenn Moslems für ihre Familien sorgen und materiellen Wohlstand anstreben. So ist am Freitag nur das Mittagsgebet von herausragender Bedeutung und verlangt konzentrierteste Hingabe, danach aber, schreibt die sogenannte Freitagssure vor, sollen die Gläubigen ihrer Wege gehen und danach streben, dass Gott ihnen Gunst erweise, indem sie für ihren Lebensunterhalt sorgen.
Einen »Ruhetag« sieht der Islam außerdem schon deshalb nicht vor, weil sein Gott natürlich keine Erschöpfung kennt und sich nicht nach nur sechs Tagen aufs Ohr legen muss. Es sind Passagen wie diese, die Moslems über die Bibel verwundert den Kopf schütteln lassen. Ganz zu schweigen von der unglaublichen Vorstellung, Gott habe einen Sohn.
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