Frankfurter Fische by Krueger

Autor:Krueger
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-01-28T05:00:00+00:00

22

»Schmeckt es dir?«

»Wenn ich Ja sage, müsste ich lügen, und wenn ich Nein sage, bekomme ich Schwierigkeiten mit meinem Chef.«

Hanna kaute an dem trockenen Stück Fisch, das den typischen »Ich brauch noch mehr Soße«-Geschmack hatte.

Frank Litos lachte vergnügt und schwenkte grinsend den Zeigefinger. »Stimmt genau. Also überleg dir die Antwort gut!«

»In dem Fall muss ich mich vorher mit meinem Anwalt beraten«, feixte Hanna und tat so, als kramte sie in ihrer Handtasche nach einem Handy.

Frank zeigte ihr seine Grinsezahnlücke. »Der Koch ist der einzige in ganz Europa, dessen Gäste sich noch nie zweimal beschwert haben.«

Hanna kicherte. »Weil er sie beim zweiten Mahl vergiftet hat, hab ich recht?«

»Erraten!«

Sie lachten und winkten dem Ober zu, der hinter einer rosa Papierwand aufgetaucht war, weil er dachte, sie hätten nach ihm gerufen. Lächelnd wandte er sich ab und kümmerte sich um die anderen Gäste, deren Tische so angeordnet waren, dass sich die Besucher untereinander nicht sehen konnten.

»Na dann!« Hanna erhob das handgeschliffene Glas mit dem Reiswein und prostete Frank zu. »Auf den Maeotis-Fisch und darauf, dass wir die Ehre haben, ihn zu verspeisen, ohne den Löffel abgeben zu müssen!«

Frank stieß mit seinem Glas an, und ein hohes Klingen flirrte für einen Moment durch die Luft. Aus dem benachbarten Raum klangen gedämpfte Stimmen zu ihnen. In Armlänge neben Hanna drehte sich eine faustgroße Marmorkugel in einem von bunten Strahlern illuminierten Wasserbecken und plätscherte beruhigend.

»Auf Aquafutur!« Franks Stimme senkte sich zu einem Flüstern, als er weitersprach. »Und auf uns!«

»Auf dass der Koch seine Eier verliert, wenn er uns was von dem Fugu-Rogen aufgetischt hat!« Hanna gluckste los und blickte dem Tierarzt tief in die Augen. »Na, nun erzähl schon: Warum hast du mich in das einzige illegale Fugu-Restaurant in dieser Stadt eingeladen? Was da auf unserem Teller liegt, kostet schon in Japan ein kleines Vermögen. Ich will gar nicht daran denken, wie viel das bisschen Fisch hier wert ist.«

»Es ist nicht der Fisch, der so wertvoll ist, sondern seine Zubereitung. Wie Farbe und Leinwand kaum etwas kosten, so verwandelt sie sich erst durch die Hand des Malers in ein Kunstwerk. Genauso wird aus einem fetten Kugelfisch durch das Wissen und Geschick des Kochs eine kulinarische Rarität, wenn du so willst, ein von Menschenhand geschaffenes Kunstwerk.«

Wie die Fische für Anlage sieben? Hanna wagte nicht, diesen Gedanken auszusprechen. Frank schwieg und tat so, als betrachtete er das Filetstück auf seinem Teller, aber Hanna war sicher, dass er ebenfalls an die künstlichen Fische in dem Labor dachte.

»Aber um zu deiner Frage zurückzukehren. Ich dachte, wir könnten unsere interessante Diskussion über den Wassermenschen fortführen. Ich habe über deine Argumente nachgedacht und muss zugeben, dass die Vorstellung einer aquatischen Herkunft etwas Faszinierendes und Erregendes an sich hat.«

Hanna zögerte. Wenn sie gewusst hätte, dass hinter einer versteckten Tür in dem von Frank ausgesuchten Sushi-Restaurant eine kulinarische Spielhölle versteckt war, hätte sie wohl kaum dem Besuch zugestimmt. Die Zubereitung von Fugu war in Europa verboten, so viel war klar, und damit bestand neben dem Risiko, sich zu vergiften, auch die Möglichkeit, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.

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