Frankenstein 2 - Die Kreatur by Dean Koontz

Frankenstein 2 - Die Kreatur by Dean Koontz

Autor:Dean Koontz
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-01-20T05:00:00+00:00


35

Als Erika Helios den Geheimgang betrat, schloss sich die Tür in den Bücherregalen automatisch hinter ihr.

»Das ist wie in einem Roman von Wilkie Collins«, murmelte sie und bezog sich damit auf die Werke eines viktorianischen Schriftstellers, den sie nie gelesen hatte.

Der Gang war einen Meter zwanzig breit, und der Boden, die Wände und die Decke waren aus Beton. Sie kam sich vor, als hätte sie einen Bunker tief unter einer Stadt betreten, in der ein Krieg tobte. Anscheinend wurden die Lichter über Bewegungsmelder gesteuert, denn als sie einen Moment relativ still stehen blieb, um ihre Entdeckung einzuschätzen, wurde es dunkel im Gang. Sowie sie in der Schwärze die Arme ausstreckte, gingen die Lichter wieder an.

Der schmale Korridor führte nur in eine Richtung und endete vor einer eindrucksvollen Stahltür.

Da Victor technische Spielereien und derlei Schnickschnack liebte, hätte Erika erwartet, dass diese Tür mit einem elektronischen Schloss verriegelt war. Es hätte Victor ähnlich gesehen, das Schloss mit einem Scanner auszustatten, der die Linien in der Handfläche oder das Muster der Retina las, um nur ihm persönlich Einlass zu gestatten.

Stattdessen war die Tür durch zweieinhalb Zentimeter dicke Stahlriegel gesichert, alles in allem fünf Stück. Einer war in den Türsturz eingelassen, einer in die Schwelle und drei in die rechte Seite des Türstocks, den massiven Scharnieren gegenüber.

In Anbetracht dieser Barriere zog Erika in Erwägung, es könnte unklug sein, die Tür zu öffnen. Der Raum dahinter war keine Büchse, und die Tür war kein Deckel, und doch drängte sich ihr unwillkürlich der Gedanke an Pandora auf, die Frau, die sich von ihrer Neugierde hatte verleiten lassen, die Büchse zu öffnen, in die Prometheus sämtliche Übel gepackt hatte, von denen die Menschheit befallen werden konnte.

Dieser Gedanke ließ sie jedoch nur für einen kurzen Moment innehalten, denn die Menschheit – eine andere Bezeichnung für die Alte Rasse – war ja ohnehin zum Untergang verdammt. Es könnte sogar passieren, dass sie persönlich eines Tages aufgefordert werden würde, so viele Angehörige der Alten Rasse zu töten, wie sie finden konnte.

Außerdem hatte Samuel Johnson – wer auch immer das war – vor langer Zeit gesagt: »Neugier ist eines der beständigen und typischen Merkmale eines regen Verstandes.«

Nach dem beeindruckenden Gewicht dieser Tür und der Größe der Riegel zu urteilen, mit denen sie gesichert war, musste dahinter etwas, was für Victor von beträchtlicher Bedeutung war, auf seine Entdeckung warten. Wenn Erika ihm die bestmögliche Frau sein wollte – und die letzte Erika, die jemals den Tanks entstieg –, dann musste sie ihren Mann verstehen, und um ihn zu verstehen, musste sie ganz genau wissen, was für ihn von besonders hohem Wert war. Was auch immer sich hinter dieser Barriere befand, die einer Tür zu einem Tresorraum glich, war ganz entschieden von enormem Wert für ihn.

Sie zog zuerst den Riegel aus dem Türsturz und anschließend den, der im Betonboden verankert war. Einen nach dem anderen zog sie die Riegel zurück.

Die Stahltür öffnete sich in den nächsten Raum, wo automatisch eine Reihe von hellen Deckenlichtern anging. Als sie die Schwelle überschritt, sah sie, dass



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