Flash Boys - Revolte an der Wall Street by Campus

Flash Boys - Revolte an der Wall Street by Campus

Autor:Campus
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Finanzen, Wirtschaft, Finanzwirtschaft, Wall Street
Herausgeber: Campus
veröffentlicht: 2014-01-14T16:00:00+00:00


Kapitel 6

Wie man Milliarden von der Wall Street abschöpft

Eigentlich hatte Ronan nicht vorgehabt, seinem Vater zu sagen, wie viel er genau verdiente, und er wollte auch sonst nichts erzählen, was sich irgendwie nach Angeberei angehört hätte. Der Vater sollte nur wissen, dass er sich keine Sorgen mehr machen musste. Wie jedes Jahr flog er auch über Weihnachten 2011 nach Irland, mit dem Unterschied, dass diesmal ein wichtiges Gespräch auf ihn wartete. Dem Land fühlte er sich nicht sonderlich verbunden. »Da gehöre ich nicht mehr hin«, meint er. »Überall laufen fette Kinder rum. Zu meiner Zeit gab es keine fetten Kinder. Das Land hat viel von seinem Charme verloren.« Abgesehen von seiner Familie vermisste er dort nichts. Seine Eltern lebten in einem Vorort von Dublin, und wenn er kam, würden sie schon mit allen möglichen Dingen auf ihn warten, die repariert oder neu programmiert werden mussten. Nachdem er das Betriebssystem des Computers neu aufgesetzt oder die Satellitenschüssel auf dem Dach neu ausgerichtet hatte, wollte er sich hinsetzen und mit seinem Vater sprechen. »Amerikanische Eltern stecken dauernd die Nase in die Angelegenheiten ihrer Kinder. Irische Eltern sind nicht so. Die kümmern sich um ihren eigenen Kram.« Sein Vater hatte keine klare Vorstellung davon, womit er sein Geld verdiente oder warum eine Großbank ihn angestellt hatte. »Er hat schon gewusst, dass ich da kein Schalterbeamter bin. Aber wenn ich zu meinem Vater gesagt hätte, ich bin Börsenhändler, dann hätte der gefragt, was zum Teufel verstehst du denn vom Börsenhandel?« Jeder machte sein Ding. »Ich weiß, dass meine Eltern mich lieben. Es ist halt irische Liebe. Ich wollte ihm nur irgendwie rüberbringen, dass ich gut bin bei dem, was ich mache. Damit er sich keinen Kopf macht. Damit er nicht meint, ich stürze die Familie ins Unglück.«

Die irische Wirtschaft war drei Jahre zuvor den Bach runtergegangen, vor allem dank eines amerikanisch anmutenden Finanzgebahrens und schlechter Ratschläge von amerikanischen Bankern. Viele von Ronans früheren Freunden waren noch immer arbeitslos. Vielleicht war jetzt nicht der richtige Moment, Risiken einzugehen. Ein paar Tage vor seinem Abflug hatte Brad Katsuyama ihn, John Schwall und Rob Park zu einem Gespräch eingeladen. Brad wollte wissen, wer mit im Boot war, wenn er bei der RBC kündigte, um eine neue Börse zu gründen. Reihum hatten sie die Frage beantwortet, und Ronan hatte es nicht glauben können, als er sich Ja sagen hörte. Wie lange hatte er davon geträumt, an der Wall Street zu arbeiten, und in dem Moment, in dem er angekommen war, fragte ihn der Mann, der ihm den Job gegeben hatte, ob er ihn wieder aufgeben würde. Trotzdem beantwortete sich die Frage eigentlich von selbst. »Mich hat einfach zu viel geritten. Und ich hatte das Gefühl, dass ich es Brad schuldig bin. Er hat mir die Chance gegeben. Ich habe ihm vertraut: Er ist schließlich kein Idiot.«

Ronan beschäftigte auch noch etwas anderes. Er hatte die Wall Street von innen kennengelernt, und sie hatte seine großen Erwartungen nur bedingt erfüllt. »Ich hatte das Gefühl, wenn ich bleibe, dann werde ich vielleicht irgendwann ein arroganter Arsch.



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