Flandry 4: Ehrenwerte Feinde by Anderson Poul

Flandry 4: Ehrenwerte Feinde by Anderson Poul

Autor:Anderson, Poul [Anderson, Poul]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-09-30T16:00:00+00:00


IV

Die Flut war gestiegen, als sie Jairnovaunt erreichten, und alle Felsen und die Häuser dazwischen lagen metertief unter Wasser. Das Hoorn’sche Schiff steuerte einen Kurs zwischen Wimpelbojen hindurch zu einem von mehreren verankerten Schwimmdocks. Dort wimmelte es von Seevolk. Sie prusteten zwischen den geankerten Schiffen wie Delphine oder enterten die hohen Maste wie Eichhörnchen. Fisch wurde ausgeladen, Segel geflickt und Motoren überholt. Von irgendwo untermalten eine Flöte und eine Trommel hundert tiefe Stimmen, die Way-o sangen, während nackte Füße einen Rigadoon stampften. Flandry bemerkte, wie sich wellenartig Schweigen ausbreitete, sowie man seiner ansichtig wurde. Dennoch folgte er Tessa über die Bordwand, kaum dass ihr Schiff Anker geworfen hatte.

Kein Nyanzaner trennte sich je sehr weit von seinem Tauchgerät. Man schien hier ein erheblich fortschrittlicheres Modell entwickelt zu haben, als Flandry es sonstwo gesehen hatte: einen transparenten Helm mit einer kleinen Kapazitätsbatterie, die auf dem Rücken getragen wurde, elektrolytisch Sauerstoff aus dem Wasser gewann und ihn mit Helium aus einem Hochdrucktank verdünnte. Indem man die Partialdrücke der beiden Gase regulierte, konnte man erstaunlich tief tauchen.

Sie brauchten nur eine kurze Strecke zu schwimmen, und es gelang so beiläufig, wie ein Terraner über einen Plankenweg schlendert. Während Flandry durch klare grüne Kühle schräg abwärts schwamm, sah er, dass Jairnovaunt riesig war – versunkene Kuppeln und Türme glitzerten so weit er sehen konnte. Die Arbeit ging weiter: Von einem Unterseefrachter, um den gut zwanzig winzige Menschen huschten, wurden Tangballen in das Zugangsrohr eines Lagerhauses gelöscht. Zwischen den gespenstischen Spitzen und Grotten eines Parks aus Koralloiden schossen Kinder hin und her; ein alter Mann fütterte eine Schule leuchtend bunt gestreifter kleiner Fische, und ein Junge und ein Mädchen schwammen Hand in Hand durch die schweigende Wunderlandschaft.

Als sie den langgestreckten weißen Saal des Kommodores erreichten, des Präsidenten von Jairnovaunt, dessen Titel vererbt wurde, war Flandry noch immer von den farnartigen Pflanzen, die sich in dem architektonischen Garten wiegten, so sehr beeindruckt, dass ihm kaum auffiel, wie elegant der Portikus gestaltet war. Selbst die Luftschleuse, durch die sie das Gebäude betraten, fügte sich in die allgemeine Gestaltung ein, die auf terranische Augen ein wenig beunruhigend wirkte, weil sie zartes Flechtwerk und brutale Massen gegenüberstellte, als wäre sie selbst der Ozean.

Nachdem das Wasser abgepumpt worden war, trocknete ein Luftstrom Flandrys Kleidung aus Shimmerlyn ebenso wie Tessas glatte Haut. Sie traten in einen Korridor, dessen Wandgemälde abstrahiertes Heldentum darstellten. Hinter zwei Wächtern mit den allgegenwärtigen Harpunengewehren und hinter einem Notschott verbreiterte sich der Gang zu einem großen, kreisrunden Saal, den unter einer durchsichtigen Kuppel Säulen aus Malachit säumten. Ungefähr vierzig Nyanzaner standen in der Halle. Die jüngsten unter ihnen schienen um die zwanzig Jahre alt zu sein. Manche trugen nur ein Tauchgerät, andere ein buntes Hemd und Kilt; alle jedoch umgab die Würde wie ein Mantel. Etliche von ihnen waren Frauen in Kleidern und Federn – wenn sie denn Kleidung trugen. Sie traten genauso stolz und frei auf wie die Männer.

Tessa trat vor und salutierte zackig. »Die Lichtherrin von Klein-Skua meldet sich wie befohlen vom Kraal zurück, Sir.«

Kommodore Inyanduma III.



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