Flaches Land by Katrin Züger

Flaches Land by Katrin Züger

Autor:Katrin Züger [Züger, Katrin]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Books on Demand GmbH
veröffentlicht: 2015-09-05T16:00:00+00:00


Wenn ich traurig bin

Ein Satz hat sich eingenistet im Kopf, lässt mich nicht los, lümmelt herum, sagt nicht, woher er kommt, sagt nicht, was er will. I’m there when you are sad. Ich bin nicht traurig, nicht jetzt, gerade eben, bin auch nicht fröhlich, bin dazwischen.

Wir sind rechtzeitig gestartet, mit dem Flugzeug, sind blühenden Löwenzahnwiesen entlanggerast, Naturschutzgebiet, der Flughafen als Lebensraum. Wer hätte das gedacht. Mehr als die Hälfte der Flughafenfläche wird von der Luftfahrt nicht beansprucht. Zwischen den Pisten ein Ried, Naturschutzgebiet, Flachmoore, Streuwiesen, Feucht- und Auenwälder, Tümpel und Bäche, gut geschützt vor Behelligungen durch naturliebende Erholungssuchende, Hunde und Katzen. Nicht besonders störend scheint der Flugbetrieb zu sein, der Lärm und die Abgase. Wie sonst würden Feldlerchen mit Vorliebe unter der Anflugschneise brüten, könnte man, wenn man dürfte, Füchsen und Feldhasen begegnen, Rohrsängern, Ammern, Nachtigallen, Kleinspechten, Graureihern, Mäusebussarden, Turmfalken, Iltissen, Mardern, Libellen, Schmetterlingen, Spinnen, Amphibien. Bildet zusammen mit weiteren an den Flughafen angrenzenden Naturschutzgebieten die Überreste einer ehemals grossen Flachmoorlandschaft.

Wucherndes Grün am internationalen Flughafen von Chicago, lese ich in der Zeitung. Das sieht nicht nur unordentlich aus, sondern zieht kleine Nager an, die wiederum Raubvögel anziehen, was sich mit den Flugzeugen nicht verträgt. Kostengünstig und klimaneutral soll es sein, das neue Rasenmäherteam. Vierzehn Ziegen, sechs Schafe, drei Esel und zwei Lamas grasen nahe den Rollfeldern, halten lästige Tiere fern und entlasten die Gärtner, die früher auf Pestizide und motorisierte Rasenmäher setzten. Doch die felsige Umgebung schadete den Geräten, und Angestellte waren ständig auf der Jagd nach Tieren, die den Flugzeugen zu nahe kamen. Jetzt schützen die Lamas und Esel die Ziegen und Schafe vor Angriffen von Kojoten, die in den nahen Wäldern hausen, und alle zusammen sorgen für adrett aussehende Wiesen.

Wir heben ab, stossen schräg hinauf in den Himmel, lassen reihenweise Häuser, Dörfer, Städte unter und hinter uns, sehen bald nur noch Wolken, manche durchlöchert, sodass man hindurchsieht wie durch verschmierte Brillengläser, auf eine schemenhafte, verpixelte Zivilisation.

Chicago, wenig Zeit zum Umsteigen. Man steht und wartet, in einer langen, geknickten Schlange vor den Immigration Desks. Keinen Schritt geht es voran. Die Schlange wächst. Die Desks sind besetzt, die Beamten geben sich gelassen, trödeln, plaudern, wandern herum, ignorieren den Stau. Nur auf der Seite der Einheimischen gibt es Bewegung, gelangt man scheinbar ungehindert durch die Schleusen. Die Schlange wächst weiter. Die Computer sind abgestürzt. Grüne Formulare werden verteilt, Papier und Kugelschreiber sind wieder gefragt, und plötzlich rührt sich die Schlange, schlängelt sich vorwärts, reisst auseinander, löst sich auf. Wir hetzen durch die Gänge, packen die Koffer, die in Reih und Glied da stehen, sie hatten ja genügend Zeit, sich zu formieren, reichen sie weiter, aufs Förderband, laufen zur Bahn, die von Terminal fünf zum Terminal eins fährt, noch einmal Sicherheitskontrolle, und endlich das Gate des Anschlussfliegers. Mit grosszügiger Zeitreserve, denn der Flieger hat Verspätung. Fast eine Stunde. Hätte man uns auch einreisen lassen, wenn der Officer Zugang zum Computer gehabt und dort vielleicht gesehen hätte, dass wir nach unserem letzten Besuch, vor ein paar Jahren, nicht ordnungsgemäss ausgereist sind, weil wir



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