Finanzmafia by Wolfgang Hetzer

Finanzmafia by Wolfgang Hetzer

Autor:Wolfgang Hetzer [Hetzer, Wolfgang]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783938060704
Google: V40HaAEACAAJ
Herausgeber: Westend Verlag
veröffentlicht: 2011-08-14T22:00:00+00:00


DIE ROLLE DER RATINGAGENTUREN: AUS DRECK GOLD MACHEN

Bevor im Folgenden die genauen Sachverhalte und Geschäfte im Bereich der strukturierten Finanzprodukte thematisiert werden, soll zunächst ein Schlaglicht auf die Ratingagenturen und ihre Rolle geworfen werden. Natürlich muss man fragen, was Polizeibeamte und Gerichte leisten können, wenn selbst Banker, Aufsichtsräte, Ratingagenturen und die Bankenaufsicht nicht mehr durchblicken. Sie versinken bei ihren Ermittlungen oft genug in einem Meer von Beweismaterial. Allein bei den aktuellen Verfahren im Zusammenhang mit der Kapitalmarktkrise stößt man nach Angaben des BKA-Präsidenten auf Datenmengen im zwei- bis dreistelligen Terabyte-Bereich. Die Herausforderungen beginnen damit aber erst. Polizisten und Justizjuristen sollen dann äußerst komplexe wirtschaftliche Sachverhalte angemessen bewerten und fachlich hochkompetenten Bankern und Börsenspezialisten nachweisen, dass sie etwa im Sinne des Untreuetatbestandes vorsätzlich und pflichtwidrig gehandelt haben.

Die vermeintlich zuverlässigen Klassifizierungen der Ratingagenturen dienten zur Orientierung über die hinter den Verbriefungen stehenden komplexen Verträge und Vorgänge. Sie haben anscheinend vergessen lassen, dass jeder Kredit mit Risiko behaftet ist. Man schien einen Weg gefunden zu haben, unsichere Kredite in sichere zu verwandeln. »Dreck zu Gold«, das alte Spiel, nur unter den technischen Bedingungen digitaler Medien.

Dazu werden viele Kredite gebündelt und paketweise versichert. Das Bündeln hilft aber nur, wenn wenige und nicht die Mehrzahl der gebündelten Kredite ausfallen. Und das Versichern hilft nur, wenn der Versicherer haftet, also solvent ist. Die üblichen Verträge für die Verbriefungen sind z umeist mehrere hundert Seiten lang. Das liegt daran, dass sie nicht eigentlich Sicherheit gewährleisten sollen. Das können sie auch gar nicht. Sie müssen nur jene juristischen Vorgaben erfüllen, die die Prüfstatiker der Kreditpyramiden, die Ratingagenturen, verlangen. In Absprache zwischen Emittenten und Ratingagenturen wurde die Absicherung als juristische Fiktion ausgehandelt. Für einen bestimmten Preis erklärt sie faule Kredite als sicher, die dann wiederum als Sicherheit für weitere Kredite hinterlegt werden können. Am Ende sah sich die Zentralbank genötigt, als Garant letzter Instanz genau jene Risiken zu übernehmen, die in diesen Papieren erst konstruiert, dann veräußert und schließlich von niemandem mehr getragen werden konnten.

Vor diesem Hintergrund wird es immer unerträglicher, dass sich die Ratingagenturen jahrelang erfolgreich vor amerikanischen Gerichten gegen Schadenersatzklagen wehren konnten. Aber vielleicht ändert sich das doch noch im Zuge der juristischen Aufarbeitung der Immobilien- und Finanzkrise. Immerhin haben Investoren bis Ende 2010 mehr als 500 Klagen gegen die führenden Agenturen eingereicht. Allerdings hat noch keiner der zahlreichen Kläger, die den Agenturen vorwerfen, die Finanzkrise durch unangemessen hohe Bonitätsnoten für strukturierte Investmentprodukte mitverursacht zu haben, Schadenersatz erstritten. Es gibt jedoch erste Ausnahmen.

Traditionell haben Ratingagenturen Schadenersatzklagen mit dem Argument abwehren können, dass ihre Bewertungen vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt seien. Dagegen wird aber von einer Bundesrichterin aus New York, Shira Scheindlin, geltend gemacht, dass die Beratungsunternehmen nicht den gleichen Schutz freier Meinungsäußerung wie bei traditionellen Bonitätsprüfungen beanspruchen können, wenn ihre Bewertungen nicht der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, sondern Teil der Strukturierung von Finanzprodukten für einen begrenzten Kreis von Investoren sind. Andere Gerichte haben begonnen, dieser Argumentationslinie zu folgen.

Damit werden Verurteilungen aber keineswegs schon sicher. Gerichtlich klärungsbedürftig ist auch die Frage, wann die Bewertung von Wertpapieren fehlerhaft ist.



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