Filmgenres: Thriller by Koebner Thomas - Wulff Hans Jürgen

Autor:Koebner, Thomas - Wulff, Hans Jürgen
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Reclam
veröffentlicht: 2013-07-14T16:00:00+00:00

Vermisst

Missing

USA 1982 f 122 min

R:

Costa-Gavras

B:

Costa-Gavras, Donald Stewart

K:

Ricardo Aronovich

D:

Jack Lemmon (Edmund ›Ed‹ Horman), Sissy Spacek (Beth Horman), John Shea (Charles ›Charlie‹ Horman)

Während sich die Politthriller US-amerikanischer Regisseure, etwa Alan J. Pakulas, in den 1960er und 1970er Jahren tendenziell auf die mafiösen Verstrickungen im eigenen Land konzentrieren, richtet Costa-Gavras sein Augenmerk auf die neokolonialistische Einflussnahme der USA auf die Politik anderer Länder – ein Thema, das im Hollywood-Kino erst in den 1980er Jahren, etwa in Oliver Stones Salvador (USA 1986), breitere Aufmerksamkeit erfährt.

Mit Missing, seiner ersten Hollywood-Produktion, die mit der Goldenen Palme in Cannes und dem Oscar für das beste adaptierte Drehbuch ausgezeichnet wurde, wendet sich Costa-Gavras Anfang der 1980er Jahre ein zweites Mal den verdeckten Operationen des amerikanischen Geheimdienstes in Südamerika zu, die später unter dem Begriff »Operation Condor« bekannt werden. Ging es in État de siège (Der unsichtbare Aufstand, 1972) noch um die Widerstandsbewegung der Tupamaros in Uruguay, wird in Missing der Putsch des chilenischen Militärs gegen die Regierung Salvador Allendes im Jahr 1973 zum Thema. Die Handlung basiert auf der authentischen Geschichte des US-amerikanischen Schriftstellers und Journalisten Charles Horman, der während des Staatsstreichs in Chile spurlos verschwand.

Zu Beginn des Films kehrt Charles aus Viña del Mar nach Santiago zurück, wo er gemeinsam mit seiner Frau Beth nach antibürgerlichen Idealen lebt. Über die Hauptstadt ist vom Militär inzwischen der Ausnahmezustand verhängt worden: Während der Sperrstunde werden alle, die unbefugt auf der Straße zu sehen sind, erschossen. In Abwesenheit Beths, die es während einer dieser Sperrstunden nicht mehr rechtzeitig nach Hause schafft, wird Charles von einigen Soldaten verschleppt. Gemeinsam mit Charles’ Vater Ed, der nun nach Chile reist, um seinen Sohn zu finden, begibt sich Beth auf die Suche nach ihrem Mann. Während Ed, ein erfolgreicher Geschäftsmann und »christlicher Wissenschaftler«, zunächst an die Rechtschaffenheit der US-amerikanischen Behörden glaubt, weiß Beth um die Verstrickung der CIA in den Staatsstreich und traut auch dem scheinbar hilfsbereiten Botschafter und seinen Mitarbeitern nicht über den Weg. Wie sich am Ende herausstellt, sind die unterschiedlichen Maßnahmen, die die amerikanischen Behörden anstellen, um Charles zu finden, tatsächlich von Beginn an eine verlogene Inszenierung: Charles ist schon vor der Ankunft Eds mit Billigung der Amerikaner exekutiert worden.

Wie in den meisten Politthrillern bildet in Vermisst die Recherche das zentrale Handlungselement. Auf ihrer Suche finden Ed und Beth keine Spuren von Charles. Stattdessen werden sie überall mit der Grausamkeit der Militärdiktatur konfrontiert. Ihre Suche führt sie in das berüchtigte Stadion von Santiago, das zu einem gigantischen Lager umfunktioniert wurde, und in ein Leichenhaus, in dem sich die unidentifizierten Körper der Opfer des Putsches stapeln. Costa-Gavras zeigt den Staatsstreich nicht als militärisch konzertierte, zielgerichtete Aktion, sondern als Folge eruptiver Eskalationen von Gewalt, die in der ganzen Stadt eine Atmosphäre von Angst und diffuser Bedrohung erzeugen. Die Suche nach dem verschollenen Sohn und Ehemann wird unter der Hand zu einer Investigation der Hintergründe des Putsches, die Schritt für Schritt die Verstrickung der USA in die Ereignisse zum Vorschein bringt. Damit einher geht eine Politisierung des konservativen Ed, der Charles immer stärker zu ähneln beginnt.

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