Fiamettas Ring by Lois McMaster Bujold

Fiamettas Ring by Lois McMaster Bujold

Autor:Lois McMaster Bujold [McMaster Bujold, Lois]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-12-16T00:00:00+00:00


KAPITEL 11

Fiametta rieb sich die schlaffen Augenlider und streckte die Arme hoch, um ihre Schläfrigkeit abzuwehren. Das Abendessen, verdünnter Wein und Brot, war kein so großartiges Festmahl gewesen, daß es hätte Schlaffheit zur Folge haben können, aber sie hatte die vorangegangene Nacht schlecht geschlafen, sich immer wieder auf dem knisternden Stroh herumgeworfen und sich Sorgen um Thur gemacht. Dabei war sie dauernd vom Rascheln und Husten und den Bewegungen der anderen Frauen in dem überfüllten Schlafsaal gestört worden. Ganz zu schweigen von den Flöhen! Sie kratzte sich an einer roten Strieme am Ellbogen.

Abt Monreales Arbeitszimmer war warm, die verputzten Wände der im ersten Stock gelegenen Kammer speicherten noch die Hitze des Tages, und das Licht der einzigen Kerze, die neben ihr stand, war golden und behaglich. Sie wackelte auf ihrem harten Sitz auf dem Faß mit den Hüften, stützte die Ellbogen auf den Tisch und ließ das Kinn wieder in die Hände sinken. Auf dem Tablett vor ihr blieben die drei verbleibenden Tamburine, die Mund-Zwillinge der kleinen Ohren, die Thur bei sich trug, eigensinnig stumm. Funktionierten sie noch …? Den ganzen Tag über hatte sie sich damit beschäftigt, den Zauberbann über die Münder aufrechtzuerhalten, und das war schon zu einem automatischen Vorgang geworden, etwa wie wenn man geistesabwesend ein Lied vor sich hin summte. Die Münder übertrugen nichts, weil sie nichts zu übertragen hatten.

Sie hörte, wie im Nachbarzimmer Abt Monreale stehenblieb, hustete, dann wieder auf und ab ging und Bruder Ambrosio weiterdiktierte. Es handelte sich um einen Brief an den Bischof von Savoyen, in dem er die verzweifelte Situation beschrieb und um Hilfe bat. Wenn schon keine militärische Hilfe verfügbar war, dann wenigstens magische. Ein vergeblicher Brief. Wie wollte Monreale ihn abschicken? Der Tag war in einer unheilschwangeren, überhitzten Ruhe vergangen, ohne daß es zwischen den Belagerern und den Verteidigern auf den Klostermauern auch nur zu dem üblichen beiläufigen Austausch von Flüchen und Armbrustschüssen gekommen wäre. Kein neuer Herold oder Unterhändler war an die Tore gekommen, auch keine neuen Flüchtlinge. Überhaupt niemand. Es war, als schlösse sich Baron Ferrantes Würgegriff immer enger um ihren Hals.

Fiametta starrte auf die kleinen kreisrunden Gegenstände. Am liebsten hätte sie sie zum Sprechen gezwungen. Drei waren heute zum Leben erwacht, zwei am Nachmittag und einer in der Abenddämmerung, als sie zum Abendessen gegangen war. Eingeweihte Klosterbrüder hatten die Münder in ihre Zellen mitgenommen, wo sie jetzt mit Federkiel und Papier saßen, bereit, wichtige Geheimnisse aufzuzeichnen. Sie hoffte, die Brüder wären auch alle noch wach. Auf jeden Fall aber war Thur bei Einbruch der Dämmerung noch am Leben und frei gewesen.

Sie unterdrückte ein Gähnen. Wenn Monreale hereinschaute und sähe, daß sie müde wurde, dann würde er sie zu Bett schicken und sie würde vielleicht die nächste Nachricht von Thur verpassen. Warum dachte denn Thur, dieser Tor, nicht daran, nach der Aktivierung in die Ohr-Tamburine zu sprechen und zu melden, wie es ihm ging? Sie knirschte mit den Zähnen, als das nächste Gähnen sie überkam. Die weißen Pergamentkreise begannen vor ihren Augen zu verschwimmen.

Dann wurde ein Mund ohne weitere Vorwarnung aktiv.



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