Feuerwasser by Paul Lascaux

Feuerwasser by Paul Lascaux

Autor:Paul Lascaux [Lascaux, Paul]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-07-10T00:00:00+00:00


»Und? Hast du etwas gewonnen?«, fragte der Bauer aus Sigriswil und erklärte: »Sämu macht bei allen Wettbewerben mit.«

»Ja«, sagte der Angesprochene zur Überraschung der Anwesenden. »Letzthin habe ich bei einem Kreuzworträtsel den zweiten Preis geholt: ein Wasserbett mit Wärmesystem. Wert 1.800 Franken. Es soll in den nächsten Tagen geliefert werden.«

Martin Gerber war verblüfft. »Du hast doch gar keinen Strom hier. Wenn der Herbst kalt wird, gefriert das Wasser im Bett. Dann brauchst du mehr als eine Socke.«

»Oder eine Frau«, schlug Heinrich vor.

»Du hast davon gehört?«, fragte der Senn überrascht. »Von der Toten im Seefeld? Die Frau wollte zu mir.«

Die Überraschung war nun wirklich gelungen.

»Warum das denn?«, fragte Gerber.

»Nun«, der Senn überlegte und fuhr dann fort: »Sie ist schon einmal hier gewesen. Etwa vor zwei Wochen. Sie hat sich zwar nicht vorgestellt, wollte aber alles über die Bergli im Justistal wissen. Ich hab schon gemerkt, dass sie aus der Stadt gekommen ist, und hab sie ein wenig verblüffen wollen. Ich hab gesagt: ›Alles, was ihr in der Stadt in einem Bett macht, mach ich im Heu. Schlafen, träumen, onanieren.‹«

»So hast du das gesagt?«, wunderte sich Martin.

»Ja, und dann hab ich noch gesagt, dass sich das nun alles ändert. Wegen dem Wasserbett. Da wollte sie wiederkommen und sich das ansehen. Weshalb sonst wäre sie durchs Seefeld gewandert? Sie wollte bestimmt von Habkern über Oberberg und Chumeli hier runterkommen, damit sie in Sigriswil nicht gesehen wird.«

»Da gäb es aber den bequemeren Weg über Beatenberg und durchs Tal bis zu dir«, sagte Gerber, »notfalls mit dem Auto, dann erkennt niemand, wer drin sitzt.«

»Dann wär’s aber keine Überraschung gewesen«, entgegnete Sämu.

Der Bauer schüttelte den Kopf.

Dann stand der Senn auf und gab Nicole und Heinrich ein Zeichen, mitzukommen. Er führte sie hinter die Hütte zum Schweinekoben und zeigte stolz auf die verdreckten, aber offensichtlich quietschfidelen Tiere in der sumpfigen Erde.

»Keine Angst, am Abend, wenn die Wanderer alle wieder unten sind, lasse ich sie raus auf die Weide. Dann solltet ihr mal sehen, wie sie rennen und spielen. Besseres Fleisch als von diesen Alpsäuen könnt ihr nicht kriegen. Viel Bewegung, gesundes Futter, Molke, bis sie satt sind. Ein Herrenleben.«

In diesem Augenblick knallte etwas unheimlich laut durchs Tal, waberte als donnerndes Echo zwischen den Felswänden hin und her. Die Schweine flüchteten in den Stall, Sämu schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als ob der Berg über ihm einstürzen würde, Nicole und Heinrich suchten das Gelände ab, Martin kam um die Ecke gestürzt. Dann zeigte Sämu hinter seinem Rücken nach oben und sagte: »Lusbüel!«

Und wirklich war 200 Meter über Hintersberg eine Stichflamme zu sehen, die schnell wieder in sich zusammenfiel und von einer brandig schwarzen Rauchwolke abgelöst wurde.



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