Feuerfrau by Cesco Federica de
Autor:Cesco, Federica de [Cesco, Federica de]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-01-27T00:00:00+00:00
19. KAPITEL
Im Halbschlaf nahm ich Geräusche wahr, leise Stimmen, das Klirren von Geschirr. Dann leichte Schritte; ein Fensterladen wurde aufgestoßen.
Ein Luftzug streifte mein Gesicht. Hellblaues Licht fiel in den Raum. Einen Augenblick blieb ich still liegen, dann drehte ich mich auf den Rücken und öffnete die Augen. Manuels schlanke Gestalt erschien neben dem Bett, im Gegenlicht. Er war schon vollständig angezogen, in Jeans und rotem Hemd.
»Wie spät ist es?«
»Zeit zum Aufstehen.«
Ich streckte mich, blinzelte einige Male.
»Kaffee?« fragte er.
Ich nickte, richtete mich auf. Ich nahm die Tasse, die er mir reichte, atmete den köstlichen Duft frischen Kaffees ein. Er setzte sich auf die Bettkante, hielt seine eigene Tasse mit beiden Händen und hob sie an den Mund. Seine Augen waren tiefbraun wie Baumrinde, von starken Wimpern beschattet, jetzt, bei Tageslicht, sah ich es. Die scharfen Winkel seiner Wangenknochen und die feingemeißelte Nase verrieten Stärke, doch im unteren Teil seines Gesichtes, in den geschwungenen Lippen lag Sanftheit.
Die Wangen waren rund und glatt, und ich sah, daß er sich nur am Kinn zu rasieren brauchte. Nachdenklich blickte ich ihn an. Die Welt schien sich innerhalb einer Nacht gewandelt zu haben. Wir lächelten beide gleichzeitig.
Ich schlürfte das heiße, stark gesüßte Getränk, knabberte einen Zwieback dazu.
»Wo hast du den Kaffee her, Manuel?«
»Die Wirtin war schon wach. Sie hat auch den Boiler angemacht.
Möchtest du eine heiße Dusche nehmen?«
»Großartig!«
Ich trank den Kaffee aus, warf die Decke zurück und stellte die Füße auf den kalten Steinboden. Er lächelte, als ich nackt an ihm vorbei in den Duschraum ging. Ich ließ den heißen Wasserstrahl auf Nacken und Hals prasseln. Er lockerte alle Muskeln, ich fühlte mich ausgeruht und erfrischt.
Ich zog ein sauberes T-Shirt über die feuchte, leicht gerötete Haut. Als ich mich vor dem Spiegel kämmte, trat Manuel neben mich.
»Du bist fast so groß wie ich«, stellte er fest.
»Ich habe Mühe, Männer zu finden, die zu mir passen.«
Er legte die Arme um mich. Ich wandte den Kopf, unsere Lippen trafen sich. Sein Mund schmeckte nach Zahnpasta, wie der eines Kindes. Doch seine sanfte, wissende Liebkosung, an der Innenseite meiner Beine entlang, war alles andere als kindlich. Ich hätte sofort mit ihm schlafen können. Ich wußte es, und er wußte es auch. Nur mit Mühe lösten wir uns voneinander.
»Wir verpassen das Fest.«
Die Pension befand sich in einem alten Geschäftsviertel, in der Nähe des Hafens. Alle Rolläden waren zu, das Pflaster zersprungen. Sämtliche Wände, mit alten Plakaten und wuchernden Graffiti bedeckt, bildeten in ihrer Willkür eine surreale Einheit. Manuels Wagen stand neben einer Reihe überquellender Mülltonnen. Ein alter Fiat, ein richtiger Klapperkasten, den er in Athen für einen Spottpreis erworben hatte.
»Anfangs fuhr er nur achtzig. Nach einer Ventileinschleifung habe ich ihn soweit, daß er hundert schafft. Bergab sogar mehr. Aber da machen mir die Bremsen Sorgen.«
Er lachte, und ich lachte auch; wir waren an diesem Morgen sehr übermütig. Wir fuhren über die Hauptstraße. Die Sonne schimmerte auf dem Deck der großen Schiffe, während die Häuserfront mit ihren Baikonen und gußeisernen Fensterverzierungen noch im Schatten lag. Vereinzelte Lastwagen und Motorräder waren bereits unterwegs.
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