Ferdinand Porsche - Ein Mythos wird geboren by Gunter Haug
Autor:Gunter Haug [Haug, Gunter]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Deutschland, Belletristik, Biografische Romane, Biografien & Erinnerungen, Wunschliste
ISBN: 9783943066043
Google: ZEFAMwEACAAJ
Herausgeber: Landhege-Verlag
veröffentlicht: 2014-10-28T04:00:00+00:00
Inzwischen war das Jahr 1921 angebrochen.
»Ferdinand, wo bist du?«
»Hier bin ich, Louis!«
Aloisia Porsche stemmte die Hände in die Hüften und schüttelte mit einem nachsichtigen Lächeln den Kopf. »Das hätte ich mir ja denken können, dass ich dich in der Garage finde – und natürlich über einen Motor gebeugt …«
»Stimmt!« Ihr Mann richtete sich auf und erwiderte das Lächeln. »Logisch, wo sonst hättest du mich auch suchen sollen, wenn nicht hier …« In einer Verständnis heischenden Geste breitete er die Arme weit aus, während er sich eine Haarsträhne aus der Stirn wischte. »Hast du mich aus einem bestimmten Grund gesucht? Was gibt es denn so Dringendes, das du mit mir besprechen willst?«
Schlagartig wurde die Miene seiner Frau ernst. »Wir müssen meine Neffen herholen!«
»Wie? Welche Neffen meinst du denn?«
»Na den Ghislaine und den Herbert.«
»Auf einen Urlaub in Wiener Neustadt. Na ja, gut: wenn du meinst. Aber die sind doch in London zu Hause.«
»Nicht mehr lange, fürchte ich – mein Bruder, der Otto also, und seine Frau haben sich nämlich getrennt.« Sie deutete auf das Schreiben in ihrer Hand. »Das habe ich gerade in diesem Brief von ihm lesen müssen.«
Schon seit 1906 hielt sich Otto Kaes, Aloisias älterer Bruder, auf Vermittlung seines Schwagers als Repräsentant für die Austro-Daimler Gesellschaft in London auf. Dort hatte er auch geheiratet und in der britischen Hauptstadt war im Jahr 1910 Ghislaine und drei Jahre später der zweite Sohn Herbert auf die Welt gekommen. »Ihre Eltern trennen sich, das steht fest.«
»Oh je! Ist das ganz sicher?«
»Ganz sicher«, bestätigte sie mit einem knappen Kopfnicken.
Ferdinand Porsche rümpfte ungehalten die Nase. »Eine Scheidung! Was denkt sich der Otto denn nur dabei?«
Seine Frau zuckte unglücklich mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Dem Inhalt seines Briefes nach, liegt es wohl eher an seiner Frau als an ihm, aber das hilft den Kindern ja auch nicht weiter. Die Mutter scheint sie jedenfalls nicht bei sich haben zu wollen – und so steht mein Bruder jetzt mit seinen zwei kleinen Söhnen da und weiß nicht, was er mit ihnen machen soll.«
»Die armen Burschen! Wie alt sind sie noch mal?«
»Der Ghislaine ist elf und sein Bruder Herbert ist sogar erst acht Jahre alt.«
»Du liebe Güte! Das wird eine harte Zeit für sie werden.« Nachdenklich kratzte sich Porsche am Hinterkopf. »Der Otto ist ein vielbeschäftigter Mann, wie soll er sich da um die beiden Kinder kümmern können? Und dann noch in London! Wenn er wenigstens hier in der Nähe wäre, dann könnte ihm die Familie zur Seite stehen.«
»Eben!« Aloisia fixierte ihren Ehemann aus ernsten Augen.
»Deshalb sage ich ja, dass wir handeln müssen und die zwei bei uns aufnehmen sollten. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht. Ich hoffe, du bist einverstanden?«
Ferdinand Porsche nickte nachdrücklich. »Natürlich. Das ist schon in Ordnung so. Du hast recht: wir nehmen sie bei uns auf. Das gehört sich einfach. Und schließlich habe ich ja zu deinem Bruder schon immer das allerbeste Verhältnis gehabt. Insofern ist es wirklich sinnvoll und naheliegend, dass seine Kinder jetzt zu uns kommen. Die einzige Frage, die sich mir dabei stellt, ist nur, ob unser Haushalt nicht allmählich aus allen Nähten platzt.
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