Feinde kann man sich nicht aussuchen by Muller Marcia

Feinde kann man sich nicht aussuchen by Muller Marcia

Autor:Muller, Marcia [Muller, Marcia]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Das Verdunstungsaggregat auf dem Dach über Byron Briggs Büro ratterte und gluckerte. Briggs, ein kleiner, rundlicher Glatzkopf mit einer seltsam näselnden Stimme — ein leibhaftiger Doppelgänger der Cartoonfigur Elmer Fudd — starrte immer wieder nervös an die Decke. Laut Suits’ Akten war er einer der fähigsten Stadtverwaltungsexperten in den westlichen Bundesstaaten, und aus seinen Antworten auf meine einleitenden Fragen zur Sanierung der Stadt sprach ein scharfer Verstand, aber ich konnte mich einfach nicht von dem Fudd-Bild freimachen und grinste deshalb völlig unangemessen.

»...jetzt schon seit einem Jahr stabil. Noch ein Jahr, dann bin ich hier weg.«

Ich zwang mich, meine Aufmerksamkeit wieder auf das zu konzentrieren, was er sagte. »Und die Leute, die gegen die Sanierungsmaßnahmen waren? Gibt es da keinen Unmut mehr?«

»Die regelmäßigen Einkünfte haben ihn gedämpft.«

»Es muß aber doch auch Leute geben, die nicht davon profitiert haben.«

»Sicher. Unzufriedene Bürger gibt es in jeder Stadt, aber sie äußern sich normalerweise nur in Worten, nicht in Taten. Ich bezweifle, daß irgend jemand hier bei uns fähig wäre, eine so ausgeklügelte Terrorkampagne zu inszenieren, wie Sie sie da schildern.«

»Mr. Gordon hat mir drei Personen genannt, die sich den Sanierungsmaßnahmen ernsthaft in den Weg gestellt haben.« Ich konsultierte meine Notizen und las ihm die Namen vor. »Hat jemand von diesen Leuten in den letzten Monaten die Stadt verlassen?«

»Nicht, daß ich wüßte. Der erste hat alle Hände voll damit zu tun, sein Burger King zu betreiben; der zweite kandidiert für den Kreisrat; der dritte hat gerade eine Lizenz für einen Alkoholausschank mit Spielbetrieb beantragt.«

»Okay, dann würde ich gern noch einmal auf den August letzten Jahres zurückkommen. Da war Mr. Gordons Frau zu Besuch hier.«

Er nickte. »Reizende Frau. Ein schwerer Verlust —«

»Ja. Sie war zwei Wochen hier?«

»Zweieinhalb, genau gesagt. Sie wollte eigentlich bleiben, bis Mr. Gordon so weit war, daß er nach Kalifornien zurückkehren konnte. Aber dann ist sie plötzlich abgereist.«

»Warum?«

»Die Gründe entziehen sich meiner Kenntnis. Sie ist von einem Tag auf den anderen abgeflogen, in seinem Learjet.«

»Gab es irgendwelche Probleme?«

»Nicht, daß ich wüßte.«

»Erinnern Sie sich noch an das Datum ihrer Abreise?«

»...Nein, aber...« Er drückte eine Taste seiner Wechselsprechanlage; als sich seine Sekretärin meldete, fragte er: »Könnten Sie mal in den Akten nachsehen, wann genau im August letzten Jahres die Nevada Bell die Verlegung des neuen Leitungsnetzes abgeschlossen hat?« Und zu mir gewandt, setzte er hinzu: »Ich weiß noch, daß Mr. Gordon die Papiere abzeichnen mußte, und da war er gerade draußen auf dem Flugfeld.«

Briggs hielt die Taste ein Weilchen gedrückt, die Augen theatralisch zur Decke gerichtet, wo das Aggregat jetzt asthmatisch pfiff und gurgelte. »Sechsundzwanzigster Achter? Danke.« Er sah mich an und wiederholte: »Sie ist am sechsundzwanzigsten August abgereist.«



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