Expanse 7: Persepolis erhebt sich by James Corey

Autor:James Corey [Corey, James]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Trivial-SF
ISBN: 9783641224806
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2019-02-12T23:00:00+00:00

27 Drummer

Man konnte leicht vergessen, dass die Weltraumstädte nicht schon immer existiert hatten. Während der Hungerjahre waren sie nicht mehr als ein Traum gewesen. Ein gelobtes Land, das weit und breit nicht in Sicht war. Heimstätten der Gürtler, die durch die Tore fliegen und irgendein System ansteuern konnten, für das sich die Bewohner entschieden hatten. Der Traum hatte etwas Magisches gehabt. Das Gefühl, etwas Unvergleichliches könnte irgendwann Wirklichkeit werden.

Mit der Zeit war dieser Glanz verblasst. Drummer hatte im letzten Jahrzehnt mehr Zeit auf der People’s Home, der Independence und der Guard verbracht als auf Raumschiffen oder Asteroidenstationen. Die Weltraumstädte waren für sie etwas Vertrautes geworden, das die Aura des Außergewöhnlichen verlor, bis sie in den Korridoren und Räumen das Gefühl bekam, es sei alles schon seit ihrer Kindheit da gewesen, auch wenn sie damals noch nicht hier gelebt hatte. Wie eine oft erwähnte Stadt, die man erst als Erwachsener besuchte. Sie rief sich in Erinnerung, dass es im Krieg immer so ging. So war es seit jeher gewesen. Seit es Städte gab, wurden Städte im Krieg belagert. Mörser zerschossen Schulen, Soldaten stürmten Krankenhäuser. Bomben setzten Gotteshäuser, Parks und Kinder in Brand. Auch früher hatten die Menschen ihre Heimat verloren.

Der Maßstab des taktischen Displays, das über dem Tisch schwebte, war um mehrere Größenordnungen verzerrt. In einer maßstabgerechten Darstellung wäre die Independence zu klein gewesen, um sie ohne Mikroskop wahrzunehmen. Auch jetzt war die Kennung noch größer als das Symbol des Schiffs selbst. Ein winziger Lichtpunkt, kaum mehr als ein Brotkrümel, repräsentierte eine Stadt, in der rund zweihunderttausend Menschen lebten, arbeiteten, Kinder erzogen, sich scheiden ließen, heirateten, tranken, tanzten und starben. In Richtung Sonne entfernten sich die noch viel kleineren Evakuierungsschiffe, um so viele Menschen, wie sie nur hatten aufnehmen können, aus dem Theater der Schlacht zu bergen. Sie sah sie und dachte an die zahlreichen anderen Gelegenheiten, als Kinder vor einer drohenden Katastrophe in Sicherheit gebracht worden waren, die man nicht mehr aufhalten konnte: London, Beijing, Denver. Die Geschichte war voller Augenblicke wie diesem. Es fühlte sich nur anders an, weil es ihre Stadt war, eine Weltraumstadt, und weil es noch nie auf diese Weise geschehen war.

Sie hatte die zentrale Verkehrskontrolle der People’s Home für ihre Zwecke umgewidmet. Militäranalytiker und Ingenieure, einige gehörten der Gewerkschaft an, die meisten kamen von der EMK, saßen an den Schreibtischen, wo sonst Zivilisten arbeiteten. Die Feeds der Krisenstäbe auf Erde und Mars zeigten ihr ähnliche Räume mit ähnlichen Mitarbeitern. Die Verzögerung durch die Lichtgeschwindigkeit war nicht sehr groß. Die Bildschirme, auf denen sonst einlaufende Schiffe mit ihren Anflugvektoren und den erwarteten Ankunftszeiten dargestellt waren, fassten jetzt die Signale aller aktiven Teleskope im Gürtel zusammen. Sobald neue Datenströme hereinkamen, wurden die Bilder der großen Beobachtungsstationen aktualisiert, und man konnte erkennen, woher sie kamen und was die People’s Home zurücksendete. Die Daten der Independence und von einem Dutzend EMK-Schiffen trugen Kennzeichen, die die Zeitverzögerung auswiesen – eine Stunde und dreiundzwanzig Minuten –, und auf dem zentralen Bildschirm war ein aus mehreren Quellen zusammengefügtes Bild des feindlichen Schiffs zu sehen.

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